»Den wohl 1946 erstmals publizierten und erst vor wenigen Monaten auf Deutsch erschienenen Roman ›Das junge Kairo‹ darf man als Darstellung von Verhältnissen lesen, die, leicht variiert und globalisiert, Jahrzehnte später zum Sturz von Präsident Hosni Mubarak geführt haben: die fast grenzenlose Korruption und Verkommenheit der administrativen Herrschaftsschicht und das Elend, die Beengung und die Perspektivlosigkeit der jüngeren Generation aus der Mittelschicht. Die Geschichte ist ebenso boshaft wie pikant. Es ist eine ›schöne neue Welt‹ à l`égyptienne, und, wohlgemerkt, wir befinden uns noch vor der häufig als Wurzel allen Übels gebrandmarkten Julirevolution von 1952, der Revolution der ›Freien Offiziere‹ unter General Abdel Nasser.«
»Wäre dieser Text zur Zeit seiner Publikation, also kurz nach dem Krieg, ins Deutsche übersetzt worden, er hätte moderner gewirkt als fast alles, was im Umfeld der Gruppe 47 in jenen Jahren publiziert wurde.«
»Ein durch und durch korruptes politisches System, eine Gesellschaft am Scheideweg zwischen laizistischer und religiöser Ausrichtung, eine mehr als prekäre soziale Ausgangslage und ein Charakter, der sich Fragen der Moral nicht leisten kann bzw. gewillt ist, sie weitgehend auszublenden, sind ihre Ingredienzien, die nach Ausbruch der Revolution in Ägypten nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben.«
»Ein eindrückliches Zeitdokument, gültig über Jahrzehnte. Und zu lesen wie ein spannender Krimi.«
»In eleganten Dialogen und scharf gezeichneten Skizzen beschreibt Machfus die Macht eines Systems, das seine Jugend verbiegt und verdirbt. Dass er dies auf hochgradig spannende Weise tut, man das Buch von der ersten Seite an kaum mehr aus der Hand legen mag, auch diese Kunst mag ihm 1988 den Nobelpreis für Literatur eingetragen haben. ›Das junge Kairo‹ liest sich, als wäre der Roman am Vorabend der arabischen Revolutionen dieses Jahres – und nicht über 60 Jahre vorher geschrieben worden. Machfus lesen heisst, die Hintergründe der ägyptischen Revolution ein wenig besser zu verstehen.«
»Nein, das Buch spielt nicht im Kairo von heute, sondern in den 1930er Jahren, als der britische Hochkommissar der ägyptischen Regierung noch verklickert, wo's langgeht. Erschienen ist das Buch 1945, aber an der existenziellen Bedrohung durch Armut und Elend hat sich nichts geändert, wie der ›Arabische Frühling‹ vor Augen geführt hat. Wer Antworten auf die Frage sucht, weshalb es zu den gegenwärtigen Umbrüchen gekommen ist, der wird sie (auch) in diesem ganz und gar nicht aus der Zeit gefallenen Buch finden.«
»Machfus nimmt die Perspektiven verschiedener Figuren ein, bringt schonungslos die sich selbst erhaltenden Strukturen eines Staatsapparats zum Vorschein, er liefert seinen Antihelden ohne Empathie einer existentiellen Notlage aus und lässt ihn beim Versuch scheitern, durch Anpassung und Rücksichtslosigkeit nach oben zu kommen. Und gerade darin ist der Roman so aktuell und lesenswert: Der richtige Weg, das zeigt er mit den Mitteln der Satire, führt im Umgang mit einem erstarrten System gerade nicht hinein, sondern hinaus.«
»Im Hinblick auf die gegenwärtige Situation in Ägypten nimmt man mit Erschrecken die Kontinuität des Elends und der Korruption am Nil wahr; und staunt über die Souveränität, mit der dieser Erzähler, bei Abfassung des Buchs um die dreißig Jahre alt, die moralische Verfassung seines Landes schildert und die Koordinaten der kommenden Krisen vor dem staunenden Leser der Zukunft ausbreitet, ohne sich zu einer Wertung hinreißen zu lassen.«
Mekka: Eine Welt, die in der Literatur noch nie offengelegt wurde
Ausgezeichnet mit dem LiBeraturpreis 2014!