Raja Shehadeh, geboren 1951, studierte in Beirut Literaturwissenschaft und in London Jura. 1979 gründete er die Menschenrechtsorganisation »Law in the Service of Man«, deren Anliegen es ist, internationales Recht in den besetzten Gebieten geltend zu machen. Shehadeh lebt in seiner Geburtsstadt Ramallah. Für Wanderungen in Palästina wurde ihm 2008 der Orwell-Preis verliehen, Großbritanniens wichtigste Auszeichnung für politisches Schreiben.
Raja Shehadeh wird im Jahr 1951 in Ramallah in der Westbank geboren. Bis 1948 leben seine Eltern in der Hafenstadt Jaffa. Als im Mai 1948 die Gründung des Staates Israel ausgerufen wird und es zum arabisch-israelischen Krieg kommt, müssen sie nach Ramallah flüchten. Die Hoffnung, eines Tages in ihre Heimat zurückkehren zu können, erfüllt sich nicht.
Raja Shehadeh besucht die englischsprachige Quäker-Schule in Ramallah und nimmt nach seinem Abschluss ein Studium der Literaturwissenschaft an der Amerikanischen Universität in Beirut (Libanon) auf. Nach einem anschließenden Jurastudium in London kehrt er in seine Geburtstadt zurück und gründet im Jahr 1979 die Menschenrechtsorganisation »Al-Haq – Law in the Service of Men«, eine Partnerorganisation der »International Commission of Jurists«. Al-Haq verfolgt das Ziel, internationales Recht in den besetzten Gebieten geltend zu machen.
Bereits Raja Shehadehs Vater und Großvater, Aziz und Saleem Shehadeh, waren als Anwalt bzw. Richter tätig. Aziz Shehadeh setzte sich nach dem Sechstagekrieg im Jahr 1967 ambitioniert für eine Zwei-Staaten-Lösung ein. Sowohl auf der israelischen als auch auf der palästinensischen Seite findet dieser Lösungsvorschlag zu jener Zeit jedoch wenig Zustimmung. Während sich Raja Shehadeh auf einer Lesereise zu seinem ersten Buch The Third Way: A Journal of Life in the West Bank an Occupiers Law (1985) befindet, wird sein Vater 1985 erstochen. Bis heute konnte der Mord an Aziz Shehadeh nicht aufgeklärt werden. In seinem Roman Fremd in Ramallah beschreibt Shehadeh, wie er versucht, den Mörder seines Vaters ausfindig zu machen, und es beinahe geschafft hätte.
Als Menschenrechtsanwalt tritt Raja Shehadeh in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters, erkennt jedoch, dass er sich auch intensiv dem Schreiben widmen will. »Ich glaube, ich hatte die romantische Vorstellung, die ich immer noch habe, dass Schreiben den Stoff des Lebens verarbeiten sollte. Man sieht sich mit vielen Dingen konfrontiert, aber um aus ihnen etwas zu machen, muss man fähig sein, sie zu berühren, sie zu fühlen und sie zu erfahren.« Sechs Tage in der Woche arbeitet Shehadeh als Menschenrechtsanwalt und setzt sich unter anderem mit Fällen von illegalem Siedlungsbau auseinander; früh am Morgen, in der Nacht und an den Samstagen schreibt er. Während er im Rahmen seiner juristischen Tätigkeiten vor allem in der arabischen Sprache kommuniziert, verfasst er seine Bücher alle auf Englisch.
2003 erscheint sein Roman When the Bulbul Stopped Singing, in dem er das Leben in Ramallah während einer israelischen Militäroperation beschreibt. 2008 erhält Raja Shehadeh für Wanderungen in Palästina den Orwell Prize, Großbritanniens renommierten Preis für politisches Schreiben. In seinem Buch A Rift In Time: Travels With My Ottoman Uncle, das 2010 erschien, beschäftigt sich Shehadeh mit dem Leben seines Onkels Najib Nassar – ein bekannter Journalist, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts gegen die Teilnahme des Osmanischen Reiches am Ersten Weltkrieg aussprach und sich mehrere Jahre auf der Flucht befand.
Raja Shehadeh lebt in Ramallah.