Yusuf Atilgan, geboren 1921 in Manisa (Westanatolien), studierte in Istanbul Literatur und arbeitete ein Jahr lang als Türkischlehrer, bevor er sich sich dann aber aufs Land zurückzog. Erst im Jahr 1976 kehrte er wieder nach Istanbul zurück, wo er für verschiedene Verlage als Übersetzer und Lektor tätig war. Yusuf Atilgan starb 1989 in Istanbul.
»Dass wir bei Yusuf Atilgan Anklänge an Autoren wie Balzac und Flaubert zu finden meinen, kommt vor allem daher, dass Atilgan die Kunst beherrscht, einen Charakter zu erschaffen. Wir ahnen, dass wir C., den Ich-Erzähler und ›Müßiggänger‹, überall sehen und erkennen könnten, es könnte zum Beispiel der Kollege sein, der direkt neben uns arbeitet. Andererseits erinnert uns der Müßiggänger an Meursault in Albert Camus’ Erzählung ›Der Fremde‹, einen der berühmten Anti-Helden des 20. Jahrhunderts.[…]Yusuf Atilgans ›Müßiggänger‹ hat im stillen Gewässer des Müßiggangs einen Platz unter den wichtigsten Romanfiguren der zeitgenössischen Literatur unseres Landes gefunden.«
»Yusuf Atilgan erzählt in seinem ersten Roman ›Der Müßiggänger‹, einem Meisterwerk, in nüchterner Sprache von der Einsamkeit eines jungen Intellektuellen in der Großstadt, der die Liebe als einzigen Ausweg sieht. Und da Müßiggänger sich nicht um die Zukunft grämen, haben sie keine Sorgenfalten, sondern die Runzeln der Zeit im Gesicht.«
»Als ich Yusuf Atilgans Roman las, erinnerte ich mich an Michail Lermontovs ›Ein Held unserer Zeit‹. […] Das Thema, das Atilgan behandelt, ist ein Sujet, das seit etwa hundert Jahren Stoff für Romane bietet. Doch Atilgans Roman ist zum einen ein Werk, das so meisterhaft geschrieben ist, dass es den Leser verblüfft (ich erinnere mich nicht daran, dass auch nur ein einziger Autor unseres Landes in seinem ersten Roman eine solche Meisterschaft gezeigt hätte), und zum anderen ist es ein Musterbeispiel für den ›Held unserer Zeit‹ in unserem Land.«
»Atilgan hat einen Müßiggänger beschrieben, einen unglücklichen Menschen, der sich von der Gesellschaft gelöst und mit sozialen Bindungen gebrochen hat. Der Autor lässt seine Romanfigur durch die Jahreszeiten wandern, vom Winter in den Frühling, den Sommer und den Herbst. Er versucht zu erläutern, wie es dazu kommt, dass Menschen dieses Typs sich nicht mit der Gesellschaft arrangieren können. Atilgan hat dem Müßiggänger keinen Namen gegeben und nennt ihn nur C. […] Es ist wirklich schwer, sich einen passenden Namen für ihn auszudenken, handelt es sich doch um jemanden, dem die Wertmaßstäbe verloren gegangen sind, um einen, der das Glück sucht. […] Er hat weder einen Glauben noch einen Halt. Das Glück ist für ihn ein ferner Traum. Ab und an setzt er seine ganze Hoffnung auf die Liebe. Er glaubt, eine echte Liebe würde ihn glücklich machen. Wenn er zu Güler sagt: ›Eines Tages werde ich dir zeigen, dass die Liebe das einzige ist, das einem Halt auf der Welt gibt‹, bringt er dies direkt zur Sprache. Einem solchen Menschen, der sich auf der unermüdlichen Suche nach dem Glauben und einem echten Halt befindet, zollt man wohl oder übel Respekt.«
»Atilgans Romanfiguren sind lebensnah gestaltet. Fast unmittelbar aus dem Leben gegriffen sind seine Helden, zwiespältige Charaktere, und wirken dadurch recht überzeugend. ›Der Müßiggänger‹, den der Autor C. nennt, und Zebercet in ›Hotel Heimat‹ wehren sich beide gegen Langeweile und begehren gegen die Leichtigkeit des Seins auf. Das schildert Atilgan seinen Lesern in ausgesprochen plastischen Szenen. Themen beider Romane sind Entfremdung und Einsamkeit des Ichs.«