Wir begeben uns in ein Abenteuer, das keine Atempause zulässt, in eine Geschichte vom Leid der Juden über Jahrhunderte hinweg, von der Verzweiflung der Kubaner, von Gier und Elend. Ketzer ist der beste der acht Romane, die Padura mit seinem Protagonisten Conde geschrieben hat.
Ketzer ist ein Roman über den Schmerz. Den Schmerz über den Verlust geliebter Menschen, den Verlust der Hoffnung, der Illusionen. Den Schmerz der Entwurzelung, der Frustration, nicht zu wissen, was man will. Es ist ein komplexes Werk mit Zeitsprüngen vom Kuba der 50er Jahre zurück bis ins Amsterdam des 17. Jahrhunderts mit seiner brodelnden Kunstszene und religiösen Toleranz. Meisterhaft zeichnet Padura Szenarien des politischen und sozialen Wandels. Er nimmt uns mit auf eine Reise in die Niederlande, um den Ursprung des Gemäldes des großen holländischen Meisters zu erklären, der als Modell einen Juden wählte, der sich gegen die Einschränkungen der Seinen auflehnt. Denn auch das ist Ketzer: Menschen, die gegen die Diktatur in all ihren Formen kämpfen und nach der Wahlfreiheit des Individuums streben.
Und hier kommt ein Mario Conde ins Spiel, der desillusionierter und zynischer ist als je zuvor. Eine Figur, die verzweifelt, aber nicht ohne Hoffnung ist, und die von Daniel Kaminskys Sohn Elias, einem jüdischen Künstler aus New York, groß und ehrlich, aufgesucht wird, da er wissen möchte, was mit dem Gemälde passierte und wer seine Großeltern und seine Tante Judith in den Tod schickte. Conde nimmt den Auftrag an, weil er das Geld braucht. Eingefleischte Conde-Fans müssen sich aber keine Sorgen machen. Vieles hat sich nicht verändert: Er ist immer noch ein Buchliebhaber, träumt davon, einen Roman zu schreiben wie Salinger, genießt das Leben und das Essen, das die Mutter von Carlos, dem Dünnen, zubereitet, hängt mit seinen Freunden rum und trifft sich mit der überwältigenden Tamara.
Juan Carlos Galindo, El País
In einem großen Mosaik stellt der Autor den Schlüssel vor, der den ganzen Roman, mehrere Länder und Epochen durchzieht: ein Gemälde von Rembrandt aus dem Jahr 1647, das sich seit dem siebzehnten Jahrhundert im Besitz der Familie Kaminsky befindet. Dieses kleine Gemälde soll mit dem Vater des Kindes auf dem Schiff gewesen sein, taucht jedoch erst 2007 bei einer Auktion in London wieder auf. Mario Conde, Paduras Alter Ego, wird beauftragt, das Rätsel um das Bild zu lösen. Über seinen neuen Roman sagt Padura: »Obwohl Politik allgegenwärtig ist, habe ich bei Ketzer versucht – anders als in Der Mann, der Hunde liebte, wo es unvermeidlich war, über Trotzki, Ramon Mercader oder den Fall des Kommunismus zu schreiben –, das menschliche Drama und die Sehnsucht des Menschen nach Freiheit in allen Gesellschaften in den Vordergrund zu rücken. Denn es gibt immer eine Macht, die Druck ausübt, wenn der Mensch versucht, seine individuelle Freiheit auszuleben.«
Padura, der über vier Jahre an diesem Roman gearbeitet hat, hat gründlich recherchiert und beschreibt die Verfolgung der Juden seit dem siebzehnten Jahrhundert und führt den Leser durch Amsterdam, Kuba und die Vereinigten Staaten. »Die Geschichte ist nicht nur ein Szenario, ich verwende sie, um das zeitgenössische Kuba und die westliche Welt besser zu verstehen«, sagt Padura. Außerdem widmet er sich in Ketzer der jungen und urbanen Generation. »Eines von Kubas Hauptproblemen ist das Verhältnis zu den Jungen«, sagt er. »Die Generation meiner Eltern, 70 oder 80 Jahre alt, haben keine Möglichkeit mehr, etwas zu ändern. Meine Generation konnte an die Universität und beruflich vorankommen. Die Jungen glauben nicht an gemeinsame Projekte, die Besten verlassen das Land.«
Carmen Siguenza, El Nuevo Herald