»Ich werde als Autor bezeichnet, doch ich selbst sehe mich in erster Linie als Journalist. Mit anderen Worten: Meine Bücher handeln von Situationen, die ich selbst ganz genau kenne, von Gegenden, in denen ich lange genug gelebt habe, um mich mit ihnen vertraut zu machen, und von Dingen, die ich am eigenen Leib erfahren habe.
Damit hatte ich nie irgendwelche Schwierigkeiten, da mir der akademische Status eines Autors zuwider ist. Ich würde mich als Journalist bezeichnen, der sorgsam auf Sprache, Klang und Stil achtet, nichts weiter. Der Unterschied zwischen einer solchen Person und einem Autor ist klar: Man erkennt einen Autor schon von weitem, weil er den Eindruck erweckt, er trage das Gewicht der Welt auf seinen Schultern. Er verbringt seine Tage hauptsächlich am Schreibtisch, wo er Personen und Handlungen erfindet. Das passt nicht zu mir, denn ich glaube, man verschwendet mehr Zeit mit dem Erfinden als mit dem Erleben oder beim Recherchieren bei Spezialisten. Jacques Brel sagte immer: ›Man muss es selbst gesehen haben.‹ Recht hat er.
Ich kann nur einen einzigen Grund für diese Haltung angeben, nämlich dass ich schrecklich neugierig bin und eigentlich überhaupt keine Fantasie habe. Ich fühle mich nur wohl, wenn ich mein Kameraauge in ungewohnter Umgebung benutzen kann, weit weg von zu Hause, unter Menschen, die eine andere Sprache sprechen, eine andere Kultur haben, anders denken, essen, trinken, sich bewegen, in Ländern, wo die Luft dünner oder schwerer ist, die Wälder größer, die Berge höher, die Tiere wilder, die Frauen anders, aber genauso faszinierend. An solchen Orten regeneriert sich mein Geist, und zu Hause verändert es meinen Blick auf die westliche Kultur und Geschichte, die mich trotz allem nicht loslässt.«
Aus: Op avontuur met Jef Geeraerts. Antwerpen/Amsterdam: Manteau, 1992.