Isabelle Bernard/Marina Orturd Hertampf: Der Titel des Romans wirft Rätsel auf, wenn man die Hauptfigur Taba-Taba Ihrer Kurzgeschichte Le Lazaret de Mindin nicht kennt. Erzählen Sie uns von Ihrem Roman.
Patrick Deville: Taba-Taba ist der sechste Roman meines Sic-Transit-Buchzyklus, der bisher die Romane Pura Vida, Äquatoria, Pest & Cholera, Kampuchea und Viva umfasst. Diese fünf Bücher umspannen eine Welttour von Osten nach Westen, von der Karibikküste bis nach Saint-Nazaire. Ich verfolge also ein geografisches Muster. Was Taba-Taba zudem mit meinen anderen Romanen gemeinsam hat: Der Inhalt ist nicht fiktional und der Erzähler ist derselbe. Die Handlung beginnt um 1860 und endet im März 2017. Dieses Buch ist das längste des Zyklus, und es hätte problemlos doppelt so lang werden können.
Die autobiografische Note hat sich in Taba-Taba verstärkt.
Taba-Taba ist tatsächlich autobiografischer als meine anderen Bücher. Aber auch in den anderen Romanen gibt es autobiografische Passagen, da der Erzähler derselbe ist und altert. In Taba-Taba kommt das Datum 21. Februar 2017 vor. Ich hätte den Roman gern an diesem Datum fertiggestellt, denn genau vor zwanzig Jahren, am 21. Februar 1997, kam ich morgens in Nicaragua an, mit der Idee, über Leben und Tod von William Walker zu schreiben. Taba-Taba greift in dem Sinne also alle vorherigen Bücher des Zyklus auf. Und es verweist es auf die nächsten.
Und zu welchen Reisezielen führen Sie Ihre nächsten Romane?
Nach der Frankreichtour für Taba-Taba, die auch eine Reise zu mir selbst und über mich war, habe ich meinem Verlag eine Weltreise vorgeschlagen, die in die andere Richtung verläuft: von Westen nach Osten. Selbstverständlich dann nicht über die Regionen, die ich bereits thematisiert habe.
War der Entstehungsprozess von Taba-Taba schwieriger, weil der Roman Ihre Kindheit und die Geschichte Ihrer Vorfahren aufgreift?
Taba-Taba ging eine fünfzigjährige Vorbereitungszeit voraus, dann folgten zwei Jahre Herumreisen auf der ganzen Welt. Anschließend hatte ich geplant, mich für drei Monate einzusperren, um Tag und Nacht zu schreiben. Ich musste allerdings feststellen, dass ich mich verrechnet hatte – auf diese Weise hätte ich über zweitausend Seiten geschrieben. Das Abgabedatum schwebte über mir und ich war spät dran, was mich sowohl psychisch als auch physisch belastet hat.
Erzählen Sie uns etwas zur Figur mit dem Spitznamen Taba-Taba.
Taba-Taba war im Lazarett in Mindin – der psychiatrischen Anstalt, in der ich meine Kindheit verbrachte – mein bester Freund. Für einen Autor lautet die wichtigste Frage, ob über diesen Patienten irgendwelche Dokumente existieren. Ich habe recherchiert, aber leider war alles zerstört worden. Für die Geschichte ist das allerdings noch viel interessanter: Ich werde niemals seinen richtigen Namen und sein Todesdatum erfahren. All das macht ihn zu einer geheimnisumwobenen, fast mystischen Figur, die nur zwei Silben kennt. Taba-Taba wird zu einer Romanfigur.
»Taba-Taba« ist malagassi, richtig? War Ihr Freund ursprünglich aus Madagaskar?
Er war mit Sicherheit Franzose. Aber »Taba-Taba« bedeutet auf Malagassi so etwas wie »Was für ein Chaos!« und »So geht es nicht mehr weiter!«. Das ist es vermutlich, was er tagein tagaus wiederholte. Es ist gut möglich – zeitlich würde es passen –, dass er an den repressiven Militäroperationen in den französischen Kolonien beteiligt war.
Das vollständige Interview erschien im Blog der Zeitschrift Romanische Studien.