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Sylvain Prudhomme

»Jede Begegnung ist wie ein Fenster, das sich zum Möglichen hin öffnet – eine Gelegenheit.«

Gespräche

Wie fanden Sie zur Geschichte Ihres neuen Buches? Gab es einen konkreten Auslöser?

Es gab kein konkretes Ereignis, das dem Roman vorausging. Ich wollte mich einfach schon lange mit dem Trampen auseinandersetzen. Das Reisen per Anhalter ist eine Metapher für das Leben: Man verlässt einen Ort, zieht zufällig weiter, lernt dabei neue Leute kennen und trennt sich nach einiger Zeit wieder. Im Trampen bündeln sich Phänomene, über die ich oft nachdenke: zufällige Begegnungen, Brüderlichkeit, sich berührende Lebenswege und die Tatsache, dass es viele Menschen gibt, mit denen man mehr Zeit verbringen könnte. Jede Begegnung ist wie ein Fenster, das sich zum Möglichen hin öffnet – eine Gelegenheit. Das wollte ich zum Kern meines Romans machen. Solche Themen klingen in vielen meiner Bücher an.

 

Aber sind Sie sich bewusst, wie veraltet das Reisen per Anhalter heutzutage ist? Und was für eine Diskrepanz sich dadurch zu unserer gegenwärtigen Lebensweise auftut?

Ich bin mir über diese »Altmodischheit« im Klaren, aber ich glaube, dass das meinem Thema Nachdruck verleiht. Der Anhalter ist jemand, der sich in der Zeit irrt und dadurch die aktuelle Epoche hinterfragt. Trampen wirft zudem die Frage nach der Gastfreundschaft auf: Wir öffnen jemandem die Tür, den wir gar nicht kennen. Das Innere des Autos ist eine ideale, auf uns zugeschnittene Welt, die wir uns zusammenbauen. Wir können unsere Lieblingsmusik anmachen und sind abgekapselt. Nichts erschüttert uns. Die Autotür für eine andere Person zu öffnen, bedeutet, sich von diesem Komfort zu lösen. Es bedeutet, den anderen willkommen zu heißen – ein sehr aktuelles Thema. Ich glaube, es wird immer Leute geben, die einem Anhalter ihre Tür öffnen, die neugierig auf andere bleiben und gerne helfen. Die Angst dominiert nicht unser Verhalten. Ich selbst bin schon per Anhalter herumgereist. Entlang der Grenze zwischen den USA und Mexiko bin ich dabei den wirklich Unprivilegierten begegnet, aber auch dort fand ich immer Leute, die mich mitnahmen. Wir neigen heutzutage dazu, Menschen zu kategorisieren, aber die unterschiedlichsten Menschen nehmen Tramper mit – völlig unabhängig von Alter, politischen Ideen und sozio-professionellen Kategorien. Eines haben sie jedoch gemeinsam: Sie öffnen ihre Tür.

 

Sacha, der Erzähler des Romans, ist Schriftsteller. Er lässt sich in Südfrankreich nieder, um ein neues Leben anzufangen und träumt davon, sein nächstes Buch »in einem Rutsch« zu schreiben. Ist Ihnen die Geschichte ihres neuen Romans denn leicht von der Hand gegangen?

Ich wünschte, es wäre so gewesen. Dieser glatte, ungestörte Schreibprozess, von dem Sacha träumt, ist eine Fantasie. Ich habe den Roman innerhalb von zwei Jahren geschrieben, die Pflichten des materiellen Lebens haben mich immer wieder unterbrochen. Aber im Vergleich zu meinen anderen Büchern ging es diesmal deutlich schneller voran. Ich startete nämlich mit weniger umfangreichem Zusatzmaterial als bei Ein Lied für Dulce und Legenden. Ich fühlte mich deshalb freier beim Schreiben, was mich sowohl erschreckte als auch berauschte. Manchmal habe ich beim Schreiben eine Pause eingelegt und bin per Anhalter oder mit meinem eigenen Auto zu Recherchen aufgebrochen. Das Buch nahm sehr rasch seine klare, geradlinige Form an, es gab wenig Verirrungen.

 

Die Handlung entspinnt sich aus dem Wiedersehen zwischen Sacha und dem »Anhalter«, der namenlos bleibt. Sie waren einst beste Freunde und Mitbewohner, aber ihre Wege trennten sich. Sie treffen sich rein zufällig in der Kleinstadt V. wieder, in der sich Sacha niederlässt, um sein Buch zu schreiben. Dass Sie den Namen des Anhalters auslassen, macht die Figur so schwer fassbar und weckt zugleich Neugierde bei den Lesenden. Warum lassen Sie auch den Namen der Kleinstadt unerwähnt?

V. war anfänglich nur ein provisorischer Arbeitsname, aber dann blieb er. Beim Schreiben dachte ich ständig an Arles, wo ich wohne. Aber sobald man einen realen Ort wählt, muss man sich überlegen, wie man diesen Ort darstellt und repräsentiert. Ich wollte, dass V. ein Ort bleibt, den jeder mit seinen eigenen Erfahrungen und Vorstellungen füllen kann; eine Stadt, die nur durch eine begrenzte Anzahl von Merkmalen gekennzeichnet ist: südöstliche Lage, Provinz, relativ abgelegen, überschaubare Größe, ruhig, man kennt sich. Ich wollte auch nicht, dass der Anhalter einen Vornamen hat. Jeder Vorname gibt Hinweise auf Milieu und Umfeld, und das wollte ich beim Anhalter vermeiden. Er ist eine Figur, die nur von außen betrachtet wird, aus der Perspektive von Sacha und Marie. Man weiß, dass er geht und zurückkommt; ist sich jedoch niemals sicher, was er in der Zwischenzeit tut.

 

Die Romanhandlung stützt sich auf die fünf Hauptfiguren: Sacha, der Anhalter, seine Partnerin Marie, ihr Sohn Agustín und Jeanne, die Freundin von Marie. Die Geschichte folgt ihren Wünschen und dem Begehrensnetz zwischen Sacha, Marie, Jeanne und dem Anhalter. Ist der Wunsch nach jemandem, der unerreichbar ist, ein zentrales Thema Ihres Romans?

Das Begehren steht im Mittelpunkt des Buches. Zuerst wollte ich mir das nicht eingestehen. Ursprünglich wollte ich ein Buch über Frankreich schreiben und das Reisen per Anhalter als Metapher für das Leben darstellen. Aber als es ein paar Leute gelesen hatten – mein Verleger, meine Partnerin –, bemerkte ich, wie überrascht sie waren, dass eine Liebesgeschichte entstanden war. Das hatte ich gar nicht geplant. Ich schäme mich deswegen ein bisschen, aber gleichzeitig freue ich mich auch über das Resultat. Vielleicht ist das aber auch die einzig richtige Art und Weise, eine Liebesgeschichte zu schreiben. Ich musste mir eingestehen: Die Stärke des Buches liegt in den Beziehungen zwischen den Figuren. Diese Beziehungen musste ich also verstärken; ich musste der latenten Gewalt, die in der Abreise und Abwesenheit des Anhalters mitschwingt, maximale Intensität verleihen und nicht zuletzt die Geschichte zwischen Marie und Sacha verdichten, damit man sich in sie hineinversetzen kann.

 

Sprechen wir zum Schluss noch mal vom Anhalter: Ihn interessieren weniger die Reisen an sich als viel mehr die Begegnungen im Auto.

Wenn zwei im Auto sitzen und das Gespräch beginnt, achten sie nicht mehr auf die Landschaft oder das Draußen. Der Austausch mit dem Gegenüber steht im Vordergrund. Man gibt sich hin, man erzählt sich viel, vertraut sich einander an, weil man weiß: Bald trennen sich die Wege sowieso wieder.

 

Aber warum geht der Anhalter? Warum zerstört er sein Glück? Was lässt ihm keine Ruhe?

Ich wollte auf keinen Fall eine Figur entwerfen, die sein Leben nicht mehr aushält und einfach wegwill. Den Anhalter treibt etwas anderes an – aber was, das bleibt ein Geheimnis, darauf habe auch ich keine Antwort. Zweifellos aber wohl ein Hauch der Selbstzerstörung und die Angst vor dem Glück. »Ich verlasse dich, weil ich dich liebe«, singt Barbara in einem ihrer Chansons. Manchmal ist es besser zu gehen, bevor das Glück sich abnutzt.

 

Die Interviews erschienen erstmals in den Zeitschriften Diacritik und L'Orient Littéraire und wurden aus dem Französischen übertragen und neu zusammengestellt.

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