»Ich glaube weder an literarische Werkstätten noch an Akademien. Ich schreibe im Bett. Die Gewohnheit, im Bett zu schreiben, habe ich seit meiner Anstellung im Gesundheitsministerium. Jede Erkältung bedeutete eine Erzählung. Und manchmal, wenn ich nicht erkältet war, meldete ich mich krank und blieb im Bett und beendete ein paar Kurzgeschichten. Wer schriftstellerische Ambitionen hat, dem empfehle ich, sich ein Schulheft und einen Bleistift zu kaufen, und sie im Nachttisch aufzubewahren. Manchmal gelingt es den Träumen, die Schönheit auf den Punkt zu bringen, was man am Vorabend vergeblich versucht hat.«
»Ich bin ein einfacher Erzähler von Begebenheiten, die ich erlebt, erlitten oder erfunden habe, oder die man mir erzählt hat. Ich habe nie genau begriffen, wo die Erfindung aufhört und die Wahrheit beginnt. In der Erinnerung vermischen sie sich mit Schmerzen und Freuden, mit negativen und positiven Emotionen. Aus dem Stoff der Geschichte erstrahlt ein eigenes Licht, ganz ohne mein Dazutun. Es ist sogar so, dass ich mich manchmal als einfachen Materialsammler sehe: ich sammle Material der Natur, der Menschen und der Landschaft; Material, das ich dem Leser bringe, damit er es mit eigenem Licht zum Leuchten bringt. Andere Male entwickelt der Stoff der Geschichte ein Eigenleben und geht selbständig seinen Weg ans Licht.«
»Ich glaube, dass die Natur, die ich kennengelernt habe, den Hintergrund zu meinen Erzählungen geliefert hat. Diese Natur hat eine enorme expressive Kraft, und ihre Unberührtheit wird viele Jahre auf neue Interpreten warten. Dorthin kann man nicht als Tourist gehen; man muss sie kennenlernen, sie erleben und das ist hart. Mehrere Jahrhunderte lang konnten dies nur die Alakalufs und nie die Weißen. Die letzten Alakalufs sind denn auch die letzten Spuren eines großen und unbekannten menschlichen Epos. Ich denke, dass die Gebirgsketten des Südens, die Fjorde, die Flüsse, die Seen, der Pazifische Ozean, der durch die Bergengen ein und aus fließt, dass sie alle auf ihre Dichter, Musiker, Maler und ihre Erzähler warten. Mir selbst ist es nur gelungen, diesem musikalischen Kontinent des äußersten Südens ein paar wenige Töne zu entreißen.«
»Das Leben hat mich eher besser als schlechter behandelt, seiner Realität kann man nicht entgehen, weil es kein anderes Sprungbrett gibt, von dem aus wir unsere Kapriolen wagen können, selbst wenn wir schlafen. Ich bin geprägt von einer Zweiheit zwischen Realität und Fantasie, mit der sich die australe Region ständig verändert. Wie eine fantastische Kurzgeschichte, zum Beispiel, mit einem so realen Verlauf wie ihn mir ein Besitzer eines Kutters erzählt hat: Er segelte zwischen den Inseln Wollanston und Hermite, als er plötzlich Musik hörte. Er stieg in den Leichter und fuhr in die Richtung, woher die Musik erklang. Hinter einem mit Eichen bewachsenen Landvorsprung fand er ein zerschelltes Schiff zwischen den Felsen. Das Meer hatte aus seinem Schiffsraum eine Ladung von Klavieren herausgerissen und sie bis zu einer Sandbank getragen. Die Wellen des Cabo de Hornos kamen und gingen über die Klaviatur und erzeugten so eine eigenartige Sinfonie, die Beethoven sicher gefallen hätte. Diesem Ereignis und seiner Anekdote konnte ich nicht entkommen.«
»Ja, ich würde wieder die Natur meines wunderbaren Landes durchstreifen. Ich bin auf dem Meer geboren, in einem auf Pfählen gebauten Haus und mit einem mit Brettern belegten Innenhof gleich einem groben Deck eines Schiffes, im Hafen von Quemchi der Insel Chiloé und seit meiner jüngsten Kindheit habe ich den Ruf meiner Mutter gehört, die mich um fünf Uhr morgens weckte, damit ich ins Boot stieg, das uns nach Estero de Tubildad brachte, wo wir ein Stück Land bebauten. Dort sattelte ich mein Pferd und ritt durch die Wälder und jagte Vögel. Von Meereshügeln zu Landhügeln. Daher kommt wohl das ständige Zickzack auf meinen Lebenswegen. Wenn ich eine Arbeit für den Lebensunterhalt beherrschte und sie zur Routine wurde, ging ich anderswo hin, immer auf der Suche nach etwas Neuem. Jetzt, wo ich alt bin, bleibt mir nichts anderes, als ein guter oder schlechter Schriftsteller zu sein, obwohl meine Seele ein Boot oder ein Pferd vorziehen würde.«
»Meine Mutter hat mich geweckt und mir zugerufen: ›Beeil dich, Papa liegt im Sterben.‹ Ich näherte mich seiner Bettkante und er schickte sich an, mir seine rechte Hand zu geben. Plötzlich ließen mich seine Finger los wie die losgelassene Handspeiche des Ruders eines abtreibenden Schiffes. Noch lange Zeit danach träumte ich von ihm in immer gleichbleibender Bilderabfolge: Er nimmt mich an der Hand und führt mich auf einen Hügel; auf dem Gipfel machen wir Halt und bewundern die wunderschöne Landschaft landeinwärts, die Täler, Flüsse und Wälder. Und inmitten dieser Betrachtung höre ich plötzlich die Stimme meines Vaters sagen: ›Kehren wir aufs Meer zurück‹, und er verschwindet, sein Gesicht sehe ich nicht, es verschwindet wie die weißen Segel des Klippers in jener Nacht. Aber ich denke, dass ich eines Tages mit ihm aufs Meer zurückkehren werde.«
»Meine Mutter war eine energische Frau. Sie ritt und trug hinten in ihrem Gurt einen Revolver mit einem Griff aus Perlmutter. Sie führte auch nach dem Tod ihres Mannes die Land- und Vieharbeiten fort, wie wenn nichts geschehen wäre. Sie betrieb in Quemchi Geschäfte mit einem großen Boot und einem Netz, das sie den Fischern übergab, die des Nachts aufs Meer hinausfuhren, um ihre Netze auszuwerfen. Mehr als einmal bin ich mit ihnen rausgefahren. Es gibt wohl keinen schmackhafteren Fisch als den, aus dem ersten Fang, die erste Mahlzeit des am Feuer sitzenden Fischers. (…) Am Morgen ging meine Mutter an den Strand, um den Kutter zu empfangen, die Fische wurden ihrer Größe nach aufgereiht und zu zwei gleichen Teilen zwischen den Fischern und der Kutter- und Netzbesitzerin aufgeteilt. Zu der Zeit hatte ich natürlich noch kein soziales Bewusstsein und fand es ganz natürlich, dass meine Mutter, da sie die Besitzerin eines Kutters und eines Netzes war, zweimal soviel Fisch wie die Fischer nach Hause trug. Das Gleiche spielte sich auf unserem Land ab, wo meine Mutter die zwei oder drei Familien auf diese paternalistische, oder in diesem Fall: maternalistische, Art und Weise ausbeutete, so wie es noch heute in vielen Teilen der chilenischen Landwirtschaft üblich ist.«
»Der Schriftsteller, der zu schreiben versucht wie das Volk spricht, geht in die Irre, denn das Volk wird immer schönere und reinere Bilder haben.«
Aus: Revista Literaria, Huélen N. 9, September 1982