Eine der bekanntesten Hindi-Autorinnen über den blutigen Glaubenskampf zwischen Muslimen und Hindus
In einer fiktiven indischen Stadt nehmen die Spannungen zwischen Hindus und Muslimen immer weiter zu. Ideologisches Zentrum der Hindu-Fundamentalisten ist ein bedeutendes Kloster der Stadt. Es kommt zu Hasstiraden und Aufmärschen, zu religiös motivierten Morden und Anschlägen. Es entwickelt sich ein Konflikt, in den jeder hineingezogen wird – vom Straßenhändler bis zum Universitätsprofessor.
Geetanjali Shree widmet sich in ihrem Roman einem hochbrisanten Thema: Wie ist es möglich, dass ein jahrhundertelanges friedvolles Zusammenleben in einen erbitterten und blutigen Glaubenskampf umschlägt?
Dieser Roman erschien 1998. In einer fiktiven indischen Stadt nehmen die Spannungen zwischen Hindus und Muslimen immer mehr zu. Ideologisches Zentrum der Hindu-Nationalisten ist ein bedeutendes Kloster der Stadt, über dessen Aktivitäten ausführlich berichtet wird. Es kommt zu Hasstiraden und Aufmärschen, zu religiös motivierten Morden und Anschlägen. Es entwickelt sich ein Konflikt, in den jeder hineingezogen wird – vom Straßenhändler bis zum Universitätsprofessor.
Die Leserinnen und Leser werden anhand unzähliger kurzer Aufzeichnungen der Erzählerin über die Geschehnisse unterrichtet. Zahlreiche Gespräche machen sie mit verschiedenen Sichtweisen zu den Vorgängen in der Stadt vertraut. Des Weiteren werden die äußerst lebhaften Diskussionen am soziologischen Institut der Stadt wiedergegeben, das eigene Untersuchungen zu den Ausschreitungen durchführt. Die am Institut Lehrenden entschließen sich dazu, in den Konflikt einzugreifen und versuchen unter anderem mit Zeitungsartikeln, Plakaten und Friedensmärschen auf die Bevölkerung einzuwirken.
Der indische Literaturkritiker Indu Prakash Pandey hat in seiner Monographie Jenseits des romantischen Feminismus (2006) dieses Werk folgendermaßen charakterisiert: »Dies ist Geetanjali Shrees zweiter Roman, der ihr in der Welt der Hindi-Literatur die Anerkennung als eine der herausragenden Autorinnen eingebracht hat. In der Tat ist dieser Roman unter den Gesichtspunkten der Erzähltechnik, der Sprache und des Stils einzigartig. Es handelt sich um ein außerordentlich ehrgeiziges Werk, ihr ›Magnum Opus‹, ein wahrhaft herausragendes Buch. […] Das Ziel der Autorin besteht darin, jenseits der äußeren Unruhen die unablässig in unserem Inneren tobenden Konflikte sichtbar zu machen. Sie stellt sich die Frage, was wir tun können, damit wir die Gründe der Furcht einflößenden religiösen Kämpfe verstehen und uns davon befreien können.«
»Unsere Stadt in jenem Jahr liefert eine psychologisch-feinsinnige Studie darüber, wie das säkulare Denken in Indien durch den Einfluss der Hindunationalisten zu wanken begann – und damit auch das Fundament des Staates an sich. Deshalb mutet dieser Roman, der sich flüssig liest, noch heute prophetisch und aktuell an. Denn Shree entlarvt in unmissverständlicher Weise die subtilen Mechanismen jeglicher religiös definierten Identität und zeigt: Was in jener kleinen Stadt in jenem Jahr geschah, kann wieder und überall geschehen, zu jeder Zeit, an jedem Ort der Welt.«
»Was Geetanjali Shree erzählt, ist unabhängig von Ort und Zeit: Es lässt sich auf Nordirland, Israel oder auf die Zeit des Nationalsozialismus übertragen. Hass, der Nachbarschaften und Freundschaften zerstört, Liebe unmöglich macht, weil er Menschen unentrinnbar auf eine einzige Eigenschaft, einen einzigen Begriff reduziert. Ein Roman, der uns einen Blick in unser verführbares Inneres gewährt und gleichzeitig durch Poesie beschwichtigt. Geetanjali Shree ist mit Unsere Stadt in jenem Jahr ein ungewöhnlicher Roman geglückt: Sie beobachtet fein und dokumentiert sorgsam, was nach außen chaotisch wirkt. Entwirrt mit psychologischem Gespür, wie Hass und Unerbittlichkeit in unser Inneres sickern und sich dort ausbreiten.«
»Unsere Stadt in jenem Jahr ist ein Lehrstück darüber, wie sich Jahrhunderte langes Zusammenleben im Sinne gegenseitigen Respekts zur mörderischen Feindschaft hin verändern kann.«