Liebe Leserin
Lieber Leser
Wie alle schönen Dinge des Lebens haben auch Vorschauen ihre pikanten Geheimnisse.
Der Teufel steckt im Detail. Eine Vorschau ist ja nicht nur ein Prospekt — sie ist ein strategisches Dokument. Der Schlachtplan für das nächste Halbjahr. Das Schaufenster, in dem Sie unsere Pläne erkennen sollen. Die Himmelsleiter zur erfolgreichen Saison, eine Visitenkarte literarischer Kompetenz, klugen Marketings und packender Optik soll sie sein. Und erst noch fehlerfrei. An jedem Satz, an jeder Seite wird gedrechselt. Kein Wunder, dass diese Produktion das Haus durchschüttelt, bis es ächzt im Gebälk.
Ist es Zufall, dass von den neuen ISBN-13 keine ein X als Prüfziffer hat? Nachrechnen! Soeben kommt die Nachricht, dass zum neuen Roman von Aitmatow bei Jumbo gleichzeitig die Audio-CD erscheint. Das muss noch rein. Liegt das osmanische Gümülcine, wo Sabahattin Ali 1907 geboren wurde, heute in Bulgarien oder in Griechenland? Ja, kirgisische Grauziegen »weiden« nicht, sie »äsen«.
Und überhaupt sind die Seiten wieder zu textlastig geworden. Also noch ein Kürzungsdurchgang. (Stimmt es eigentlich, dass Vorschauen nicht mehr gelesen, nur noch durchgeblättert werden?) Sind die Umschläge groß genug? Springen die Schwerpunkte ins Auge? Fallen die anderen, nicht minder wertvollen Titel zu sehr ab? Die Herstellerin zaubert noch eine säbelschwingende Modesty vor eine Kulisse aus Wüstensand. Die Aktionsseiten 28 und 29 müssen noch ins Lot gebracht werden.
Es kommt der letzte — wie vielte? — Durchlauf. Die Lektorin schließt sich für eine Stunde in ihr Kämmerchen ein und jagt die letzten Trennfehler. Bleibt nur noch die bange Frage, ob die Übermittlung der riesenhaften Datei klappt. Gab es da nicht ein Problem mit dem Pfad der Bilddaten? Und wie lange dürfen wir die Geduld des stets solidarischen Druckers noch strapazieren?
Drei Stunden vor der letzten, der wahrlich allerletzten Deadline steht noch in den Sternen, was in diesem Editorial stehen soll. Man könnte es ja auch einmal ausfallen lassen. Doch hier ist es nun, und alle haben ihr Imprimatur gegeben.
Es ist geschafft, die Vorschau ist draußen. Das nächste Mal wird alles anders! Gelassen und geordnet.
Ganz bestimmt.
Mit vielen Grüßen aus dem Unionsverlag
Lucien Leitess