Liebe Leserin
Lieber Leser
Wenn Sie zu jenen gehören, die unsere Bücher »schön« finden, dürfen Sie auch wissen, dass hinter der Schönheit harte Arbeit steckt. Ästhetisch federführend sind Heinz Unternährer für den Unionsverlag und Guido Widmer für den Limmat Verlag. Ohne ihre Handschrift wären die Verlage nicht wiederzuerkennen.
Heinz Unternährer verschrieb 1983 dem Unionsverlag als Erstes den Schriftschnitt des Giambattista Bodoni, der seit Jahrhunderten so markant, klassisch streng, lebhaft, ewig jung und unverbesserbar ist wie Parmigiano und Prosciutto, welche aus der gleichen Stadt stammen. Nie hatten wir in den Jahren der wechselnden typografischen Moden und grassierenden Vielschrifterei das Gefühl, wir müssten die Fontdiskette wechseln.
Auf dieser rigorosen Grundlage entfalten sich Formen und Farben der Umschlagmotive in reicher Blüte. Nach der Lektüre der Manuskripte stehen auf Heinz Unternährers Zettelchen Bild-Stichworte wie »weiße Taube«, »blondes Haar«, »Maulbeerbaum«, »Kaffeetasse«. Stapel von Fotozeitschriften, Bild- und Kunstkatalogen hat er im Archiv und in seinem Bildgedächtnis. Er kontaktiert Künstler und Fotografen, sucht weltweit Bildbände aus dem Iran, trägt wochenlang einen Walrosszahn im Plastiksack zwischen Verlag, Fotograf und Lithograf hin und her.
Aber die Buchkunst ist ein dienendes Gewerbe. Natürlich will jeder in diesem Hause das Beste für jedes Buch. Die Kolleginnen und Kollegen erhaschen auf dem Weg zur Kaffeemaschine einen Blick auf die Herstellerpulte und geben die ersten Urteile ab. Dann die härteste Probe: Die Vertreterrunde, deren »Aahh ...«, »Oohh ...« oder »Aähh ...?« schon manchen Höhenflug auf den Boden der Branche zurückbrachte. Und zuletzt noch der Unterzeichnete mit alles umstürzenden Wünschen: »Bitte etwas mehr Leben in den Himmel ...«
Bei so vielen Dienern am Buch gibt es natürlich auch Streit in der Küche. Der letzte Entscheid fällt nach bestem Wissen und Gewissen, im Bemühen um die optimale Akzeptanz eines bewusst, mit Lauterkeit und Fantasie ausgewählten Motivs. Aber oft genug hätte um ein Haar das Buch, das Sie sich hoffentlich anders gar nicht vorstellen können, ganz anders ausgesehen.
Diese Saison dürfen Sie in die Pfanne gucken. Auf den folgenden Seiten finden Sie jeweils mehrere Umschlagvarianten (in Entwurfsqualität), die zur Diskussion standen. Lesen Sie auf Seite 31 nach, wie wir entschieden haben. Vielleicht schreiben Sie uns sogar, wie Sie entschieden hätten. Aber natürlich empfehlen wir, wie jedes Jahr, vor allem die Texte Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit.
Mit vielen Grüßen aus Zürich
Lucien Leitess