Henry de Monfreid, geboren 1879 in Leucate, Frankreich, ist einer der großen Abenteurer und Abenteuerschriftsteller des 20. Jahrhunderts. Seine über 75 Romane und Erzählungen handeln von seinen Erlebnissen in den Regionen um das Rote Meer und am Horn von Afrika. Er schmuggelte Waffen, Haschisch, handelte mit Perlen und war ein illustrer Akteur und Spion in den Ränkespielen der Großmächte, die sich in der Region um die Vorherrschaft stritten. Henry de Monfreid starb 1974.
Henry de Monfreid wurde am 14. November 1879 in La Franqui in der französischen Gemeinde Leucate (Departement Aude) geboren. Schon mit sechs Jahren nahm ihn sein Vater mit aufs Meer bis nach Algier.
Als Sohn des Kunstsammlers George-Daniel de Monfreid und dessen Ehefrau Amélie Bertrand kam er bereits früh mit der Kunstszene in Kontakt, da der Vater eine enge Freundschaft mit den Malern Henri Matisse und Paul Gauguin pflegte. Dennoch entschied er sich zur Freude seiner Mutter für eine Ingenieursausbildung, schloss diese aber nie ab. Seinen Lebensunterhalt finanzierte sich der junge Henry mit Gelegenheitsarbeiten. Unter anderem arbeitete er von 1903 bis 1908 als Lebensmitteltechniker für den Maggi-Konzern. Zu dieser Zeit lebte er mit Lucie Dauvergne zusammen, im Jahr 1905 wurde der gemeinsame Sohn Marcel geboren.
Im Jahr 1910 erkrankte Henry de Monfreid an Maltafieber. Nur knapp entging er dem Tod. Im selben Jahr trennte er sich von Lucie und lernte die Tochter des deutschen Reichsstatthalters von Elsass-Lothringen, Armgart Freudenfeld, kennen. 1913 heirateten sie und bekamen später drei Kinder.
1911 reiste Monfreid als Handelsvertreter einer französischen Firma erstmals nach Afrika. In Abessinien handelte er mit Lederwaren und Kaffee. Im Juni 1912 kaufte er sich eine Dhau, um auf eigene Rechnung das Meer zu befahren. Damit beginnt sein Leben als Abenteurer, Perlentaucher, Schmuggler von Waffen und Haschisch, das er in seinem autobiografischen Werk erzählt.
Im Mai 1913 kündigte er und ließ sich in Dschibuti nieder. Im Januar/Februar 1914 unternahm er seine erste große Fahrt im Roten Meer. Am 23. Dezember 1914 wurde er vom französischen Gouverneur wegen illegalen Waffenhandels und Verstoß gegen die Zollgesetze verhaftet. Im März 1915 wurde er zum Fronteinsatz in Europa freigelassen, aber im Mai schon wieder vom Kriegsdienst befreit. Wieder in Freiheit, sollte er im Roten Meer, das ihm vertraut war wie seine Hosentasche, als Spion gegen die Türken und Deutschen eingesetzt werden. Im Juni/Juli schmuggelte er eine ganze Schiffsladung Haschisch vom Peloponnes nach Ägypten, später auch von Bombay nach Ägypten. Als ihm seine Ladung gestohlen wird, verfolgt er die Diebe bis zu den Seychellen.
Nach dem Krieg baute er sich ein Haus direkt an der Meeresküste in Obock, wo er sich mit seiner französischen Frau und den Kindern, fern von den Behörden in Dschibuti und der Küstenwache, niederließ.
1923 schmuggelte er zwölf Tonnen Haschisch aus Griechenland am englischen Zoll vorbei nach Ägypten und kaufte sich vom Erlös ein Elektrizitätswerk und eine Müllerei in Äthiopien. Immer wieder gerät er mit den Mächten rund ums Rote Meer in Konflikte und wird mehrmals verhaftet. Er operierte zwar als illegaler Händler, bestritt jedoch stets, am Verkauf von afrikanischen Sklaven in die arabische Welt beteiligt zu sein. 1930 begleitete er den Schriftsteller und Freund Joseph Kessel auf einer Recherchereise über den Sklavenhandel am Roten Meer. Kessel publizierte zudem 1932 den Abenteuerroman Fortune Carrée, der von Monfreids Leben erzählt.
1930, mit 51 Jahren, kaufte Monfreid sich ein Haus in Neuilly. 1931 erschien als erstes Werk Die Geheimnisse des Roten Meeres, das ihn auf einen Schlag berühmt machte. Zur Veröffentlichung seiner Manuskripte hatte ihn Joseph Kessel angeregt. In über 3000 Briefen an seine Freunde hatte er bereits seit Jahren von seinen Abenteuern berichtet.
In den Dreißigerjahren arbeitete er als Reiseschriftsteller, Korrespondent und Kriegsberichterstatter im Jemen-Krieg und bei der italienischen Invasion in Äthiopien, wo er sich niederließ. 1942 wurde er nach der Niederlage Mussolinis von den Engländern verhaftet und nach Kenia deportiert, wo er, 1943 wieder freigelassen, in einer Hütte am Fuß des Mount Kenia von Jagd und Fischfang lebte. Diese Jahre waren ihm die Inspiration zu einem Zyklus von Romanen vor afrikanischem Hintergrund.
1947 kehrte er nach Frankreich zurück und ließ sich in Ingrandes (Indres) nieder. In seinem herrschaftlichen Haus schrieb er, spielte Klavier, rauchte täglich sein Opiumpfeifchen und pflegte seine Freundschaften mit Künstlern, Schriftstellern und Musikern wie Teilhard de Chardin und Jean Cocteau. Zu einer Kultfigur des französischen Kulturbetriebs geworden, verfasste er bis zu seinem Tod insgesamt 75 Werke, die in zwölf Sprachen übersetzt wurden. Neben dem Schreiben zeichnete, malte und fotografierte er auch. Die von ihm selbst in Aquarelltechnik bemalten Glasplatten von Fotos vom Roten Meer wurden in mehreren Bildbänden veröffentlicht.
1974 starb er im Alter von 95 Jahren.
Verfilmungen
Richard Pottier drehte 1937 einen Kinofilm über Monfreid, in dem er seine eigene Rolle spielt. Ab 1968 verfilmten Claude Guillemot und Pierre Lary die Abenteuerreisen Henry de Monfreids unter dem Serientitel Les Secrets de la Mer Rouge. Bis 1978 liefen 26 Episoden im Vorabendprogramm im französischen und später auch im deutschen Fernsehen. 2005 drehten Eric Martin und Emmanuel Caussé einen Fernsehfilm mit dem Titel Lettres de la Mer Rouge.
Monfreid inspirierte den belgischen Autor und Zeichner Hergé in seiner Comic-Serie Les Aventures de Tintin. In der Folge Les Cigares du pharaon werden Tim und Struppi, in Särgen auf dem Roten Meer treibend, von einer Schiffscrew aufgelesen. Der Kapitän stellt sich als Waffenhändler heraus. Die Figur soll an Henry de Monfreid angelehnt sein.
»Das Buch ist spannend, lehrreich und anschaulich erzählt. Zwischen den Zeilen erkennt man den diskreten, intelligenten Autor, der seinen Lesern Raum lässt. Kaum Wertungen, keine Belehrungen, dafür gebanntes Beschreiben und aufgeregtes Handeln. De Monfreid schafft beides, Atmosphäre und Zusammenhänge. Damit gewinnt er erzählerisch immer wieder an Fahrt. Er schreibt wie vom Monsun getrieben – uns Lesern bläst dabei der Fahrtwind durchs Haar.«
»Henry de Monfreid schrieb, von Freunden gedrängt, mit Die Geheimnisse des Roten Meeres den ersten Band seiner autobiografischen Abenteuer. Dutzende weiterer Bücher aus seiner Feder folgten und bescherten den Franzosen ihre ganz eigene farbenprächtige Abenteuerliteratur. Monfreid erzählt vom Leben auf dem Meer zwischen den Küsten der Arabischen Halbinsel und dem Horn von Afrika, ›dieses vulkangespickte, lavabedeckte, windumtoste höllische Land‹ voller Piraten, Sklaven, afrikanischer Seeleute, arabischer Sheiks und hartgesottener Draufgänger wie Monfreid selbst. Der junge Franzose aus gutem Haus, der als todunglücklicher Angestellter einer Handelsfirma erst in Abessinien landete und sich schließlich, knapp vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, in Dschibuti niederließ, um von dort aus ›der Verlockung des blauen Horizonts‹ zu erliegen, erprobte seinen Freiheitsdrang mit vollem Körpereinsatz und hoch entwickelter Beobachtungsgabe.«
»Henry de Monfreid ist sicherlich einer der großen Abenteurer des 20. Jahrhunderts.«