Reginald Arkell, der Autor von Pinnegars Garten – in der englischen Originalausgabe Old Herbaceous – wurde 1872 als Sohn eines Bauern geboren und wuchs in den Cotswolds in Gloucestershire auf. Bei einer Zeitung lernte er das Handwerk des Journalisten und schrieb schon als junger Mann für das Theater. Sein Stück Columbine wurde vor dem Ersten Weltkrieg in London und New York aufgeführt. Nach dem Krieg, in dem Arkell in der Armee diente, verlegte er sich ganz aufs Schreiben amüsanter, leichter Liedertexte und Libretti für Musicals, von denen viele vor dem Zweiten Weltkrieg auf die Bühne kamen; darunter eine Adaption der Geschichtsparodie von W. C. Sellers und R. J. Yeatman 1066 and All That mit Texten von Arkell und Musik von Alfred Reynolds. In dieser Zeit gab Arkell auch eine recht erfolgreiche Zeitschrift mit dem Titel Men Only heraus, die beim Verlag Newnes erschien, der eher für Wörterbücher und Lexika bekannt war. Der gewagte Titel ist leicht irreführend; nur einige wenige Witze erfüllten den Tatbestand zweifelhaften Geschmacks. Überraschenderweise erreichte das Blatt auch eine große weibliche Leserschaft und war eine Spielwiese für Arkells typischen Humor, wie er auch in seinen Gartengedichten zum Vorschein kommt.
Arkells Lyrikbände zum Thema Garten – Green Fingers, More Green Fingers und Green Fingers Again – erschienen von 1936 an im Verlag Herbert Jenkins und wurden 1950 schließlich von And a Green Thumb abgerundet. Die Bände waren so beliebt, dass die Verantwortlichen des National Garden Scheme (ein Verband von Privatgärten, die ihre Tore für wohltätige Zwecke öffnen) Reginald Arkell 1948 baten, ein Gedicht für ihr Verzeichnis der offenen Gärten zu schreiben. Es ging so:
Wie schön ist es, für seinen Garten
zwei Schilling Eintritt zu erwarten.
Man bittet seine Nachbarn rein
und zeigt, wie schmuck der ihre könnte sein.
Wie schön ist es, sie dort spazier’n zu sehn,
wenn deine Blumen so in voller Blüte stehn.
Wie schön, den Neid im Auge jener zu entdecken,
die weitaus weniger bestell’n zu ihren Zwecken.
Wie schön, wenn Gier und Groll sie fast verdunkeln
im Anblick deiner Pracht-Ranunkeln.
Wenn Gram und Scham sie nahezu verbiegen,
weil sie dergleichen nie zustande kriegen.
Doch wie viel schöner bist du doch beraten,
wenn deine Plackerei mit Rech- und Spaten,
mit Harke, Schere, Unkrautstecher
den Schilling klingeln lässt im Spendenbecher.
Obwohl Pinnegars Garten – erschienen 1950, als Arkell schon achtundsiebzig war – einen ähnlich leichten Ton anschlägt, steht der Roman seiner Raison d’être näher. Ihm zugrunde liegen Arkells Liebe zum Gärtnern und seine Überzeugung, dass ein Mann, der sein ganzes Leben lang in einem Garten arbeitet, dort vollkommen glücklich sein kann. Sein Romanheld ist ein Obergärtner, der mit vierzehn Jahren seine Lehre als Gehilfe im Garten des Herrenhauses antritt, dort seinen Weg durch alle Instanzen macht und seine Stelle das ganze Leben lang innehat.
Arkell und sein Held Herbert Pinnegar – für Nachbarn und Nachfolger Old Herbaceous – wurden im selben Jahrzehnt geboren. Der Leser blickt also durch Pinnegars Augen auf Arkells frühe Erinnerungen und nimmt Anteil an den ländlichen Ereignissen, über die man sich damals gegen Ende des viktorianischen Zeitalters erregte. Der Roman ist ein sensibles Abbild dörflichen und gärtnerischen Lebens, das siebzig Jahre sozialen Wandels umfasst. Obwohl in Arkells typischem Stil geschrieben, ist die Geschichte von leiser Trauer durchzogen, wenn sie Erinnerungen an ein arkadisches Zeitalter heraufbeschwört, ein Zeitalter, das Reginald Arkell durchlebt hat und auf das er mit Wehmut zurückblickt.
In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und selbst bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war Gärtnern eine Sache der Erfahrung, bei der ein durch die Jahrhunderte überliefertes Wissen mehr galt als jedes akademische Studium. Bei Arkell liest sich dies alles sehr authentisch. Er beschreibt, wie der Garten eines Herrenhauses vor 1914 »funktionierte«, in einer Zeit, als die Traditionen unerschütterlich und die Arbeitskräfte billig waren. Im Blumen- und Küchengarten rackerte innerhalb einer komplizierten Rangordnung eine ganze Brigade von Gärtnern. Ihre tägliche Routine und die vom Frühling bis zum Spätherbst damit verbundenen Aufgaben waren ausschließlich darauf gerichtet, zu jeder möglichen oder unmöglichen Jahreszeit Obst, Gemüse und Blumen zur Freude und zum Verzehr der landbesitzenden Klasse hervorzubringen.
Der Geringste in der Hierarchie, der Gärtnerlehrling, begann seine Laufbahn damit, die Blumentöpfe auszuwaschen und Raupen und Schnecken vom Gemüse abzulesen. Eventuell wurde er auch mit der anspruchsvolleren Aufgabe betraut, die Fenster im Gewächshaus zu öffnen und zu schlie-ßen. Nach neun oder mehr Jahren mochte er sich in dem komplizierten Netzwerk von Tun und Lassen emporgearbeitet und es zum Gesellen gebracht haben. Wenn er sich schließlich an die Spitze seiner Brigade gesetzt hatte, verrichtete er kaum noch körperliche Arbeit, vielmehr stellte er als Obergärtner eine Institution dar, mit der nicht zu spaßen war. Das galt sowohl für die niederen Chargen als auch für seine Herrschaft, die unter seiner Fuchtel stand und von ihm kujoniert und ausgetrickst wurde.
In Pinnegars Garten schildert Arkell die Beziehungen zwischen Herrschaft und Dienerschaft von der Wende des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg und erweckt eine Welt tief greifender, stabiler Klassenunterschiede. Auf der einen Seite standen die Müßigen und Besitzenden, auf der anderen ihre Abhängigen. In dieser Hackordnung kannte und akzeptierte jeder seinen Platz. Soziale Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit oder etwa die Armut auf dem Lande sind nicht Arkells Themen. Stattdessen webt er seine Geschichte um die zarten Fäden einer Beziehung, die nahezu sechzig Jahre lang Herbert Pinnegar und die Besitzerin seines Gartens, die reizende Mrs. Charteris, verbindet. Es ist eine köstliche Geschichte.
Ein scheuer Vierzehnjähriger bekommt die Chance, seine Liebe zur einheimischen Flora, die ihm bereits von seiner Lehrerin eingeimpft worden war, mit einer ordentlichen Ausbildung zu stützen. Er lernt die botanischen Namen und entwirft mit seiner jungen, frisch verheirateten Herrin Pflanzpläne für den Garten. Zugleich steht er unter dem Kommando des Obergärtners, Mr. Addis, der auf Widerspruch oder Fehlschläge »wie ein angeschossener, in die Enge getriebener Büffel« reagiert und auf dem Gartenweg hin- und herstampft. Gleichwohl geht der altkluge Herbert bei ihm in eine gute Lehre.
So, wie Arkell schreibt, hat das Buch etwas Ergreifendes. Es wurde von einem alten Mann über einen Zeitgenossen geschrieben, der bereits in der Vergangenheit lebt. Aber es ist auch eine Würdigung von Pinnegars Leben, dessen Ernst und Schwere von Arkells leicht bösartigem Humor und seiner Ironie angesichts der Wechselfälle des sozialen und gärtnerischen Gefüges aufgehellt werden. Der Garten, über sechs Jahrzehnte lang geliebt, gepflegt und bewacht, ist ein realer Ort, in dem Erdbeeren im April zur genüsslichen Reife gebracht werden, die empfindliche Prunkwinde ihre blauen Blüten zwischen den Blättern der Maréchal-Niel-Rose versteckt und Old Herbaceous sich mit Mrs. Charteris über die Begonien in die Haare gerät.
Reginald Arkell war beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs schon zweiundvierzig und 1939 über sechzig Jahre alt. Der Bogen seines Lebens spannt den Gegensatz zwischen den üppigen Jahren viktorianischer und edwardianischer Gartenkultur über den kontinuierlichen Niedergang der großen Gärten nach 1914 bis zu ihrem steilen Absturz unmittelbar nach 1945. Aus der Perspektive von 1950, als Arkell sein Buch schrieb, ist es ein Abgesang auf die »großen Häuser« und die Schilderung des Aufstiegs einer neuen Klasse von Gärtnern mit deutlich weniger Hingabe an ihre Profession. Wegen des Mangels an Fachkräften, hoher Erbschaftssteuern und einer Reihe anderer fataler steuerlicher Abgaben gab es nach 1945 wenig Grund, mit Optimismus in die Zukunft jener Gärten zu blicken, die zuvor das Rückgrat des National Garden Scheme dargestellt hatten. In den Nachkriegsjahren mussten private Gärten ständig verkleinert werden. Viele der großen Häuser galten damals als weiße Elefanten – unnütz, exotisch und geldverzehrend. Sie wurden abgerissen, und ihre schönen Gärten gingen als Baugrundstücke der Nachwelt verloren.
Obwohl der alternde Held in Pinnegars Garten schwere Zeiten durchlebt und obwohl das Herrenhaus und der Garten nach dem Zweiten Weltkrieg verkauft werden, verheißt die Geschichte keine unglückliche Zukunft. Mit der Einführung neuer, arbeitssparender Gerätschaften und unter Zufuhr von frischem Mut und Optimismus besserte sich die Stimmung. In Großbritannien wurden seit 1950 sowohl private als auch zum National Trust gehörende alte Gärten restauriert und erneuert, während Tausende von kleineren Gärten unter den Händen ihrer geschickten und kenntnisreichen Besitzer buchstäblich aufblühten.
Reginald Arkell starb am 1. Mai 1959 in seinem Haus in Wiltshire im Alter von siebenundachtzig Jahren. Hätte er zehn Jahre länger gelebt, hätte er die Renaissance vieler der besten englischen Gärten erlebt, und in weiteren dreißig Jahren wäre er von dem hohen Niveau der Gartenkultur überrascht gewesen. Die Gärtnerbrigaden der »großen Häuser« sind sehr viel kleiner geworden, aber mit technischen Hilfsmitteln, die man sich zu Pinnegars Zeiten nie hätte träumen lassen, kann ein Mann heute die Arbeit von vieren erledigen. Pinnegars Garten mag nostalgische Erinnerungen an die Vergangenheit wecken, aber ich möchte gerne glauben, dass sich sein Held über die gegenwärtige explosionsartige Entwicklung von Gartenkultur und Gartentechnik durchaus gefreut hätte.