Das Obere Glattal spielt in Ihrem Erstlingswerk eine wichtige Rolle. Was verbindet Sie persönlich mit dieser Region?
Ich wohne schon seit acht Jahren in Stettbach. Zuvor wohnte ich, wie eine meiner Figuren, längere Zeit in Schwamendingen. Deren Nachbarin im Buch war wirklich meine Nachbarin.
Handelt es sich also um einen autobiografischen Roman?
Überhaupt nicht, obwohl viele Details aus meiner Umgebung eingeflossen sind. Ich beschreibe aber weder eigene Erlebnisse noch meine Gefühle gegenüber den Leuten und den Ereignissen, die im Roman vorkommen, sondern lediglich meine Beobachtungen der Welt, die um mich herum ist. Dabei nehme ich es aber sehr genau. Ich wollte den Polizeialltag realistisch schildern.
In Ihrer Erzählung kommen auch ein korrupter Staatsanwalt und überarbeitete Polizisten vor. Treten Sie damit den Behörden auf die Füße?
Es ist ja nicht das System, das als korrupt geschildert wird, sondern eine Einzelperson, und solche gibt es überall. Ich habe versucht, den Polizeialltag realistisch zu schildern, und Stellenabbau, Überarbeitung und Überstunden gehören da heute einfach dazu. Solche Hintergründe sind mir wichtig, denn bei einem guten Krimi macht die Stimmung viel aus. Der Medienabteilung der Kantonspolizei gehe ich allerdings mächtig auf die Nerven. Man versteht dort nicht, warum ich so genau über Details Bescheid wissen will. Aber der Leser möchte doch Vertrauen haben, dass der Rahmen meiner Erzählung stimmt.
Auch der in dieser Region zum Thema Nummer eins avancierte Fluglärm und die Südanflüge haben Sie in Ihre Erzählung eingeflochten: Die Hauptfigur richtet gewissermaßen ihre Uhr nach dem Flugplan. Sind Sie selber vom Lärm betroffen?
Ich wohne in Stettbach mitten in der Flugschneise. Die Details sind eins zu eins der Realität nachempfunden. Persönlich habe ich keine Mühe mit dem Fluglärm, ich stehe morgens ohnehin früh auf. Aber wenn man am Abend im Garten sitzen will, stört mich der Lärm manchmal schon.
Sie waren selber einmal Redaktorin beim »Glattaler«, nun arbeitet eine Ihrer Hauptfiguren bei einer Lokalzeitung namens »Dübendorfer«; inwiefern sind Ihre persönlichen Erfahrungen als Journalistin in das Buch eingeflossen?
Beim Glattaler habe ich die Arbeitsabläufe einer Lokalzeitung kennen gelernt. Dieses Wissen habe ich in meine Geschichte eingeflochten. Ich glaube aber nicht, wie meine Figur, einmal im Leben auf die Geschichte meines Lebens stossen zu müssen.
Inwiefern haben Sie in »Fremde Hände« Ihre Erfahrungen beim Hilfswerk HEKS eingearbeitet?
Als ich für das HEKS in Albanien war, konnte ich viel zum Thema Frauenhandel recherchieren und mit betroffenen Mädchen sprechen.
Was hat für Sie den Anstoß gegeben, einen Krimi über das hochbrisante Thema Frauenhandel zu schreiben und im Zürcher Lokalkolorit anzusiedeln?
Als ich aus Albanien zurückkam, hatte ich sehr viele Informationen zum Thema Frauenhandel gesammelt, aber die Medien interessierten sich kaum dafür. Es hatte ihnen zu wenig Lokalbezug. Wie meine Hauptfigur ärgere ich mich darüber, dass die Leute - wie im Falle des Fluglärms - erst dann handeln, wenn sie selber betroffen sind. Ich habe mir daher überlegt, wie man das Thema zugänglich machen kann. Schließlich kam ich auf die Idee, einen Krimi zu schreiben und diesen in der Region anzusiedeln, damit die Leute auch einen Bezug zu der Geschichte haben.
Sie verfolgen also durchaus aufklärerische Absichten?
Zu Beginn wollte ich nur Aufklärungsarbeit leisten. Erst mit der Zeit habe ich dann auch Spaß am Schreiben bekommen.
Ihrem Krimi stellen Sie ein Zitat voran, dass ein Mädchen in Albanien zu Ihnen gesagt hat: »Wenn du einen schwarzen Mercedes siehst, renn einfach weg!« Haben Sie inzwischen selber Angst, wenn Sie eine dunkle Limousine sehen?
In meinem Alter braucht man keine Angst mehr zu haben (lacht). Aber was das Mädchen gesagt hat, beeindruckte mich tief: In Albanien kann man für 150 Dollar ein Mädchen kaufen und in der Schweiz für 30 000 Franken verkaufen. Laut einem Bericht zum Thema Frauenhandel werden die Opfer immer jünger, weil bei jungen Mädchen das Risiko einer Infektion mit Aids geringer ist.
Sie arbeiten Teilzeit beim HEKS und sind alleinerziehende Mutter zweier Söhne: Wann finden Sie die Zeit zum Schreiben?
Geschrieben habe ich jeden Morgen von 3 bis 7 Uhr. Abends im Bett habe ich durchgelesen, was ich am Morgen geschrieben habe. Nach einem halben Jahr war das Buch fertig. Ich habe einfach zu schreiben begonnen. Es war wie ein Film; ich musste schreiben, was vor meinem geistigen Auge ablief. Fast bis zum Schluss wusste ich selber noch nicht, wer der Mörder sein würde.
Interview: Rainer Hugener
Züricher Unterländer, 19.04.2005