»In Der Nebel von gestern ist Conde schon viel älter und braucht mehr Raum für Reflexion, um sich in seiner Welt neu zu verorten, weil sie sich auf natürliche Weise verändert in Richtung auf andere Empfindungsweisen. Er geht auf die 50 zu und spürt, dass sich etwas verändert und zwar die Sicherheit darüber, dass seine Freundschaft mit Carlos ewig halten würde. Er sieht jetzt den Verfall von Carlos und das ist ein sehr wichtiges Element in seiner Reflexion.
Conde ist jetzt Buchhändler für antiquarische Bücher. Durch diese Welt tritt er in ein Geheimnis ein, das Geheimnis um das Leben einer Bolerosängerin aus den 50er Jahren, an die sich niemand mehr erinnern kann. Die Nachforschungen über ihr Leben sind wie eine Schraube, die sich in die Geschichte der kubanischen Gesellschaft der 50er und der von heute hinein dreht. Es ist wie eine Höllenfahrt, die Schraube dreht sich nach unten und stößt auch die harte Realität des kubanischen Lebens auf eine schonungslose und brutale Weise. Da nähere ich mich mehr an die Literatur der Gewalt an, wie der Rubem Fonsecas. Trotzdem gibt es ein Ermittlungsverfahren, weil ein Mord geschieht, in den Conde irgendwie verwickelt wird und ihn deshalb aufklären will.
Mario Conde ist jetzt 48. Sein Verhältnis zur Realität ist nicht mehr so unmittelbar, weil er kein Polizist mehr ist. Trotzdem hat er noch viel Kontakt mit dem alltäglichen Leben auf Kuba. Aber während des Schreibens habe ich bemerkt, dass ich noch eine andere Romanfigur brauchte, jemand jüngeren, der Mario Conde zur Seite stehen sollte. Denn die Art und Weise, wie ein junger Mensch von gut zwanzig Jahren in Kuba die Welt betrachtet, ist völlig verschieden von der Sichtweise meiner Generation. Wir sind in einer unterschiedlichen Welt aufgewachsen und haben andere Entwicklungen miterlebt. Mario Conde ist unfähig, diese andere Welt zu verstehen oder zu vermitteln, und daher musste ich ihm einen Helfer für seine Ermittlungen zur Seite stellen. Es handelt sich genauer genommen um seinen Sozius bei seiner Arbeit als Antiquar. Es ist eine zynische, ungezwungene Person mit einer völlig unpolitischen Sicht auf die Realität, so wie ich sie heute bei der kubanischen Jugend bemerke. Meine Generation wurde enttäuscht, aber das konnte nur geschehen, weil sie geglaubt hatte. Diese neue Generation ist eine Generation von Häretikern, sie haben nie geglaubt.«
Aus einem Interview mit Leonardo Padura (Doris Wieser, Kaliber 38)
»Dieser Roman hat eine ganz andere Struktur als meine bisherigen. Mario Conde ist nicht mehr Polizist. Er verdient sein Geld jetzt mit dem An- und Verkauf alter Bücher. Zudem spielt die Handlung nicht im Jahr 1989, sondern 2003/04. Mario Conde ist nun 48 Jahre alt, hat Schmerzen in den Knien, hustet morgens kräftig, wenn er seine erste Zigarette raucht und es kostet ihn viel mehr Zeit, sich von seinen nächtlichen Besäufnissen zu erholen.
Weil sich viel geändert hat, hat auch Mario Conde eine anderen Blick auf die Dinge: In den bisherigen Bänden betrachtet er die Realität aus einer kritischen, skeptischen und ironischen Perspektive. In meinem neuen Roman dominiert dagegen Traurigkeit. Mario Conde, ein Freund der alten Bücher, steigt in die Abgründe des Lebens in Havanna. Er lernt die Stadt von einer Seite kennen, die er zuvor nicht kannte. Ein Havanna, das physisch und moralisch heruntergekommen ist. Eine Welt der Gewalt, der Prostitution, der Drogen, die ihn erstaunt und verstört, so dass er sich fast krank fühlt. In meinen anderen Bänden hat er gelacht, wenn es auch oft nur ironisch.
Es ist beides: Roman und Kriminalroman, denn der Fall, an dem Conde arbeitet, konkretisiert sich erst im zweiten Teil des Romans. Mario Conde macht sich auf die Suche nach einer Bolerosängerin, die er aus den Augen verloren hat. Die Frau ist Ende der 50er Jahre verschwunden. Als Conde die Stimme der Sängerin auf einer alten Platte hört, will er plötzlich unbedingt wissen, was aus ihr geworden ist. Der Buchverkäufer muss schließlich feststellen, dass sie ermordet wurde.«
Aus einem Interview mit Knut Henkel (Lateinamerika-Nachrichten)