Gian Trepp in der WochenZeitung, Zürich
Als Geldwäscherei wird die Verwandlung von illegal erworbenem Geld in legales Privateigentum bezeichnet. Der Vorgang gliedert sich in drei Phasen:
Dieser Prozess muss so ablaufen, dass er von aussen nicht erkannt werden kann; deshalb fliesst schmutziges Geld tendenziell in Länder mit zahnlosen Gesetzen und weichen Kontrollen. Gesamtwirtschaftlich fiel die Geldwäscherei bis Ende der achtziger Jahre kaum ins Gewicht, doch das hat sich inzwischen geändert. Die Experten Vito Tanzi und Peter Quirk vom Internationalen Währungsfonds (IWF) schätzten im Juli 1996 den Betrag des jährlich gewaschenen schmutzigen Geldes auf 500 Milliarden Dollar, das sind zwei Prozent des Weltbruttosozialprodukts.
Die Dimension der Beträge hat die Geldwäscherei von einem primär kriminellen Phänomen in den Bereich der politischen Ökonomie gerückt. «Die Geldwäscherei», schreibt der IWF-Experte Quirk, «dürfte genügend weit verbreitet sein, um einen autonomen Einfluss auf die Makroökonomie auszuüben.» Mitautor Tanzi weist darauf hin, dass grosse Bewegungen von schmutzigem Geld sowohl die Preise von Wertpapieren und Immobilien als auch Zinssätze und Wechselkurse beeinflussen können.
Schmutziges Geld wird nicht aufgrund der erwarteten Rentabilität investiert, sondern mit dem Ziel, die Konfiskation durch die Behörden zu verhindern. Dadurch werden laut Tanzi falsche Signale an die wirtschaftspolitischen EntscheidungsträgerInnen ausgesandt. Ohne das Wachstum der Erträge aus organisierter Kriminalität und sonstiger illegaler Wirtschaftstätigkeit wäre es nicht zu diesem enormen Wachstum der Geldwäscherei gekommen. Denn jede Geldwaschoperation ist abgeleitet aus einer mehr oder minder kriminellen Vortat in der Untergrundökonomie.
Im Vordergrund stehen hier die profitträchtigen Märkte für illegale Drogen, käuflichen Sex und Waffen. Dazu kommen Schmiergelder aus der Korruption, Fluchtkapital aus Entwicklungsländern, den Steuerbehörden hinterzogenes Kapital und Gewinne aus dem informellen Sektor (Schattenwirtschaft). Parallel zum Wachstum der Erträge aus dieser Untergrundökonomie erleichterten Deregulierung und Globalisierung des Finanzwesens die Geldwäscherei. Der Abbau von Kapitalverkehrsvorschriften führte, verbunden mit dem Aufbau globaler elektronischer Finanzmärkte und dem Aufkommen neuer Finanzinstrumente, zu einer riesigen Aufblähung des Finanzsektors. Im astronomisch hohen Transaktionsvolumen der globalen Finanzmärkte finden GeldwäscherInnen die nötigen Mittel und Wege, um das schmutzige Geld über Landesgrenzen hinweg zwischen den einzelnen Finanzmärkten hin- und herzuschieben und es so, ohne Aufsehen zu erregen, in die legalen Märkte zu integrieren. (Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz an börsengehandelten Derivaten 327 Billionen Dollar, der durchschnittliche Tagesumsatz an den Devisenmärkten im Stichmonat April 1995 1190 Milliarden.)
Legaler Kapitalbesitz verleiht nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Macht. Trifft der hohe Schätzwert der IWF-Experten zu, dann müsste die ungebremste Geldwäscherei über kurz oder lang auch das gesellschaftliche Machtgefüge verändern. Das bislang in Sizilien oder auch in gewissen «Narcostaaten» Südamerikas ansatzweise zu beobachtende Eindringen mafiöser Organisationen in den Staat und die legale Wirtschaft könnte zu einem weltweiten Phänomen werden. Gerade für die Schweiz als kleines Land mit einem grossen Finanzplatz ist dies eine besonders unerfreuliche Perspektive.
Nachdem die Geldwäscherei bis vor wenigen Jahren nur zaghaft und mit untauglichen Mitteln bekämpft wurde, ist es seit Beginn der neunziger Jahre zu einer eigentlichen Aufrüstung gegen diese Art Geschäfte gekommen. Zahlreiche Staaten schufen neue Gesetze und Verordnungen und etablierten neue nationale und internationale Gremien und Institutionen zur Bekämpfung der Geldwäscherei.
Die wichtigste internationale Institution gegen die Geldwäsche ist die FATF (Financial Action Task Force), geschaffen von der G-7, der Gruppe der sieben wichtigsten Industriestaaten der Welt. Die mittlerweile auf 26 Mitgliedstaaten angewachsene FATF erarbeitete vierzig Empfehlungen zur Kriminalisierung von Geldwäscherei und zur Überwachung der Finanzmärkte und publiziert periodisch Berichte über die beteiligten Länder. All diese Massnahmen haben bislang das Wachstum der Geldwäscherei aber nicht zu bremsen vermocht. Solange die Erträge aus der Untergrundökonomie weiter anwachsen, dürfte auch die Geldwäscherei nicht entscheidend gebremst werden können, selbst wenn sie als Folge ihrer Bekämpfung schwieriger und teurer wird.
Die organisierte Kriminalität operiert in hochprofitablen Sektoren. Beim gewaschenen Geld sucht sie, im Unterschied zu den legalen InvestorInnen, nicht den Maximalprofit, vielmehr geht es ihr darum, zwecks Sicherung ihres legalen Status nationale Kontrollen zu umgehen. Auch andere Sektoren der Untergrundökonomie dürften ein wachsendes Bedürfnis für das Geldwaschen entwickeln, etwa der Bereich der Steuerhinterziehung. Mit der Geldwäscherei verhält es sich wie mit allen Zirkulationsphänomenen: sie sind von der realen Wirtschaft abgeleitet. Bevor die Erträge aus der Untergrundökonomie nicht zurückgehen, wird auch der Umfang der Geldwäscherei nicht kleiner.