aus: Encyclopaedia of Islam, V
Sultan Ibrahim
Ibrahim, der achtzehnte osmanische Sultan und jüngster Sohn von Ahmed I., wurde am 4. November 1615 geboren. Seine frühen Lebensjahre verbrachte er in Gefangenschaft, immer in Furcht davor, getötet zu werden wie vier seiner älteren Brüder. Als Murad IV. starb und Ibrahim, der einzige überlebende Prinz der Dynastie, gerufen wurde, die Nachfolge anzutreten, war es die Überzeugungskraft seiner Mutter Kösem und des Großwesirs Kara Mustafa Pasha, die ihn dazu bewog, den Thron zu besteigen.
Während der ersten Jahre seiner Regentschaft wenigstens gelang es Ibrahim, seinem Reich Wohlergehen zukommen zu lassen.
Aber vielleicht waren der Terror und die Spannungen seiner Jugend der Grund seiner immerwährenden Kopfschmerzen und seiner Körperschwäche. Da überdies seine Impotenz zur Sorge Anlass gab, die Dynastie würde nicht fortbestehen, ermutigten ihn Mutter und Hof, sich im Harem den Liebesfreuden hinzugeben; alsdann zeugte er in schneller Folge mehrere Kinder, darunter die späteren Sultane Mehmed IV., Süleyman II und Ahmed II. Er geriet unter den Einfluss von Konkubinen und Günstlingen.
Ibrahims Hingabe zu den Frauen des Harems gipfelte darin, dass er eine seiner Konkubinen nicht nur ehelichte, sondern ihr auch noch einen Palast errichten ließ. Die Aufbürdung von hohen Steuern, die nicht für die Kriegsführung, sondern zur Befriedigung exzentrischer Wünsche gebraucht wurden, ließ die Unzufriedenheit sowohl in den Provinzen als auch in Istanbul zunehmen. Verschiedene Janitscharen-Offiziere konnten Mitglieder der ulema dazu bewegen, sich einer Verschwörung anzuschliessen, die sich erst gegen den Großwesir Ahmed Pasha richtete, der im August 1648 erdrosselt und in Stücke gerissen wurde. Am selben Tag wurde Ibrahim ergriffen und im Palast gefangen gehalten, während sein siebenjähriger Sohn auf den Thron gesetzt wurde. Weil der neue Großwesir fürchtete, die Anhänger des Sultans könnten ihn wieder auf den Thron bringen, ließ er ihn zehn Tage später ermorden.