Vor gut fünf Jahren gab mir ein Freund ein Buch mit dem Titel Berühmte Raubkatzendompteure der Geschichte oder so ähnlich. Als ich es durchblätterte, stieß ich auf einen Abschnitt über eine Tigerdompteuse namens Mabel Stark, die in den Zwanzigerjahren der Star des Ringling-Zirkusses gewesen war. Unter anderen Umständen hätte ich wohl einfach weitergeblättert, abgelenkt durch die längeren Kapitel über Gunther Gebel-Williams aus Las Vegas oder den mit der Pistole fuchtelnden Clyde Beatty. Doch da war auch ein Bild von Mabel Stark, wie sie furchtlos dastand in ihrem weißen Lederkostüm, im Gesicht eine Mischung aus Verachtung und Anzüglichkeit, die mich sogleich faszinierte. Hinter ihr ausgestreckt war ein Tiger. Ihre Lederstiefel reichten bis zum Knie. Und obwohl ihre Lebensgeschichte nur in groben Zügen dargestellt war, hatte allein schon die Vorstellung einer weiblichen Tigerdompteuse einen unbewussten Nachhall: Irgendwie wusste ich, dass, wenn man nur ein wenig recherchierte, Starks Lebensgeschichte genau das richtige Material für einen Romanautor hergeben würde.
Während des folgenden Jahres besuchte ich jede Stadt in den USA, die ein Zirkusarchiv hatte – Orte wie Baraboo in Wisconsin oder Sarasota, Florida, und auch Peru – und eine Woche lang reiste ich mit einem der letzten großen Zirkusse, der heute noch durch die ländlichen Gebiete Amerikas zieht. Ich suchte Menschen auf, die Stark gekannt hatten, und las jedes Buch, dessen ich habhaft werden konnte. Langsam traten die Konturen ihres Lebens deutlicher hervor.
Geboren als Mary Haynie, war sie die einzige Tochter eines Tabakfarmers in West Kentucky. Ihre Kindheit war einsam und schwierig, und obwohl ihr Vater sie anscheinend verwöhnte, war ihre Mutter eine strenge, unnachgiebige Frau, die das Mädchen oft mit einem Zedernholzschlegel schlug, der sonst zum Formen der Butter gebraucht wurde. Als sie dreizehn war, starben innerhalb von drei Monaten beide Eltern. Obwohl ich nie herausgefunden habe, wie diese Tragödien stattfanden – Arbeitsunfälle? Grippe? Die TB-Epidemie von 1903? –, stellte ich mir vor, dass Mabel als die einzige Überlebende ihrer Familie sich möglicherweise die Schuld gab am Tod ihrer Eltern, und dass diese Schuldgefühle zu dem selbstzerstörerischen Zug beitrugen, der ihr Leben prägte.
Sie wurde bei einer Tante in Louisville untergebracht, der Hauptstadt von Kentucky, wo sie nicht sehr freundlich aufgenommen wurde und mehrmals weglief. Mit achtzehn zog sie aus, um eine Ausbildung als Krankenschwester in einem Krankenhaus in der Innenstadt zu beginnen. Kaum ein Jahr später taucht sie unerklärlicherweise in einer Mädchenshow beim Zirkus auf, und zwar unter dem Nachnamen »Aganosticus«. Etwas Einschneidendes musste geschehen sein. Damals war die Krankenpflege eine der wenigen ehrbaren Möglichkeiten für eine Frau, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Eine Strip-how war mit Sicherheit keine solche Möglichkeit.
Die Zirkushistorikerin Joanna Joys vermutet, dass Stark während ihrer Schwesternausbildung einen Nervenzusammenbruch erlitten hat, was durchaus möglich ist angesichts ihrer schwierigen Kindheit. Als ich mich mit den damaligen psychiatrischen Behandlungsmethoden beschäftigte, stieß ich auf zwei beunruhigende Tatsachen. Erstens, sozusagen alle Frauen in psychiatrischer Behandlung mussten sich tagelangen Bädern unterziehen, zudem wurden die meisten dieser Frauen sterilisiert. Zweitens konnten damals Ehemänner ihre Frauen selbst einliefern und taten dies auch, wenn Eheprobleme auftauchten. War meine Hauptfigur von ihrem ersten Ehemann eingewiesen worden, einem Mann, der Aganosticus hieß? War dies der Grund, weshalb sie keine Kinder hatte, obwohl sie noch fünf weitere Male heiratete?
Ein Jahr später hatte sie den Great Parker Carnival verlassen, um einen Mann zu heiraten, der in der Zirkuszeitschrift BandWagon als »ein reicher Texaner« bezeichnet wird. Die Ehe scheiterte, und nach wenigen Monaten war sie wieder zurück beim Zirkus, allein. Doch diesmal benutzte sie den Namen, den sie für den Rest ihres Lebens brauchen würde. Sie war einsam und niedergeschlagen, was vielleicht erklärt, wenn auch auf einer unbewussten Ebene, weshalb sie den Namen »Stark« als Künstlernamen wählte. Beim Great Parker Carnival fing sie an, sich in der Menagerie herumzutreiben und sich mit den Tieren abzugeben. Der Leiter der Menagerie war ein ehrgeiziger ehemaliger Besitzer einer Hunde- und Ponyshow namens Al G. Barnes. Als Barnes ein Jahr später wegging, um seinen eigenen Zirkus zu gründen, fragte er Stark, ob sie die Tanznummer aufgeben würde und bei ihm arbeiten würde. Sie sagte sofort zu.
Ein Tiger tötet, indem er seine Beute bei den Schultern packt und hinunterzieht, bis sie auf dem Tiger liegt. Dann, mit einem einzigen Schlag mit den Hintertatzen, reißt der Tiger den Magen des Opfers auf, das langsam stirbt, indem es mit anschaut, wie der Tiger sich an seinen Eingeweiden gütlich tut. Genau so starb Al G. Barnes erste Tigerdompteuse, eine Frau namens Marguerite Haupt.
Als Stark im brandneuen Al G. Barnes-Zirkus ankam, sollte sie eine Gruppe von Ziegen trainieren, eine Aufgabe, die sie nicht mochte und in der sie auch nicht gut war. Um Haupts Job zu bekommen, musste sie zuerst den Raubkatzentrainer, einen missmutigen Ungarn namens Louis Roth, davon überzeugen, sie anzustellen. Dies erreichte sie, indem sie ihn heiratete – Jahre später gab sie zu, dass alle ihre Ehen außer einer nur dazu gedient hatten, ihre Karriere weiterzubefördern oder aus einer Krise herauszufinden. Roth selbst war der beste Raubkatzentrainer seiner Zeit dank einer Technik, die er selbst entwickelt hatte. 1912 hatte Pawlow seine bahnbrechende Studie über das Verhalten der Tiere noch nicht durchgeführt, und in Tat und Wahrheit wussten die Trainer nicht, was genau die Tiere dazu brachte, etwas Bestimmtes zu tun. Alle Raubkatzentrainer vor Roth hatten die Tiere abgerichtet, indem sie sie schlugen, bis die Tiere taten, was man von ihnen verlangte. Roth stellte fest, dass die Tiere sehr viel gefügiger wurden, wenn man ihnen jedes Mal, wenn sie taten, was man ihnen sagte, ein Stück Pferdefleisch gab. Diese Methode – Roth nannte sie »gentling« – brachte er Stark bei, die sie benutzte, um die drei Tiger zu trainieren, die Haupt angefallen hatten.
Roth ließ Stark auch mit einem großen alten Löwen namens Humpy arbeiten. Sie mochte ihn nicht und ließ Barnes wissen, dass sie ausschließlich mit Tigern arbeiten wolle. Barnes war schockiert. Löwen zeigen ihre Absichten viel deutlicher an als Tiger, und es wurde deshalb allgemein geglaubt, dass Löwen einfacher und gefahrloser abzurichten wären. Und doch zog Stark Tiger vor. Trotz ihrer vielen Ehen war sie im Grunde eine Einzelgängerin, und vielleicht identifizierte sie sich mit einem der wenigen Tiere, das nicht in einem sozialen Verband lebt.
Mit Bestimmheit waren Tiger für Stark die schönsten Tiere, die es gab. Der erste Satz ihrer 1938 veröffentlichten Autobiografie, Hold That Tiger, lautet: »Man sagt, der Löwe sei der König des Dschungels, doch der Tiger ist der königliche Herrscher über die ganze Tierwelt. Einen Löwen kann man einschüchtern, doch ein Tiger ist ohne Furcht. Für mich ist er der großartigste Ausdruck der Tierwelt.« Das Abrichten der Tiger war eine der gefährlichsten Arbeiten im Zirkus und war genau das Richtige für Starks Ambitionen, berühmt zu werden, und vielleicht auch für den unbewussten Wunsch, für ihr Weiterleben nach dem Tod ihrer Eltern bestraft zu werden.
Ab 1913 begann Roths Ruf zu leiden, vor allem wegen seiner Alkoholabhängigkeit. Das Paar ließ sich scheiden und Roth verlor seine Arbeit bei der Barnes-Show. Stark andererseits war auf dem Weg nach oben und gab ihr Debut mit einer Nummer mit zehn Tigern, die größte Tigernummer der damaligen Zeit in Amerika. Schon bald erweiterte sie auf zwölf.
Ungefähr zu der Zeit schenkte ihr Barnes ein bengalisches Tigerjunges, das sie Rajah nannte. Sie verbrachte ihre ganze Zeit bei dem neuen Tiger, ging mit ihm in jeder Stadt spazieren, in die der Zirkus kam. Während der Wintermonate, wenn der Zirkus im Winterquartier in Venice, California, war, machte sie mit ihm lange Spaziergänge am Strand. Sie bemerkte, wie gut Rajah auf physische Berührung reagierte und beschloss, eine Ringernummer mit ihm einzuüben, etwas, das noch nie zuvor gezeigt worden war. Die Nummer, die sie schließlich im Sommer 1918 erstmals vorführte, war so aufgebaut, dass das Publikum glaubte, sie werde von dem Tiger getötet – man sagt, dass die besonders Mutigen von ihren Sitzen aufsprangen und zum Käfiggitter stürzten, um sie zu retten. Frauen kreischten, Kinder heulten, und Journalisten eilten herbei, um die neue Nummer zu sehen. Große Zeitschriften wie Collier’s oder Harper’s brachten Artikel über sie, wie auch Legionen von Zeitungen. Doch was das Publikum nicht bemerkte – und was es auch gar nicht bemerken sollte –, war, dass Rajah alles andere tat, als Stark zu töten versuchen.
Jahre später beschloss Stark, ihre wirkliche Autobiografie zu schreiben – ihre erste, Hold That Tiger, hatte nur das Ziel, den Zirkus in ein gutes Licht zu rücken und war voller unübersehbarer und parfümierter Ungenauigkeiten. Sie begann einen Briefwechsel mit einem New Yorker Ghostwriter namens Earl Chapin May. Obwohl das Buch nie zustande kam, sind einige Briefe erhalten geblieben und werden im Archiv des Circus World Museum in Baraboo aufbewahrt. In einem dieser Briefe, in dem sie auf ihre Beziehung zu Rajah eingeht, beschreibt sie die wahre Natur dieser berühmten Nummer: »Wenn ich mich umdrehte und ihn rief, stieg er auf seine Hinterbeine und legte die Vordertatzen auf meine Schultern. Drückte mich zu Boden, packte meinen Kopf – denn ein männlicher Tiger packt das Weibchen im Nacken und hält es fest und faucht, bis der kritische Moment vorüber ist. Genau so packte mich Rajah und hielt mich fest. Wir rollten hin und her, bis er fertig war, und während das Publikum nicht sehen konnte, was Rajah tat, so war doch sein Fauchen ein großer Hit.« Zu der Zeit wechselte Stark von ihrem Markenzeichen, dem schwarzen Lederkostüm, zu einem weißen Lederkostüm, damit man den Samen des Tigers nicht bemerkte.
1920 war Stark von der Barnes-Show abgeworben worden und herrschte als Star der Hauptmanege im Barnum & Bailey Circus der Ringling Brothers. Sie aß in den besten Restaurants, trug Pelze, und im langen Ringling-Zug war ihr Privatwagen nahe der Spitze, bei den Wagen von John und Charles Ringling und der berühmten Artistin Lillian Leitzel. 1924 heiratete Stark den Buchhalter des Zirkusses, einen Mann namens Albert Ewing. Wieder scheint sie nicht aus Liebe geheiratet zu haben, sondern um ihre Position in der Ringling-Organisation zu festigen. Kurz nach der Hochzeit erfuhr sie jedoch, dass er Geld veruntreute und den Ringling Brothers mehr als 10 000 Dollar schuldete, damals ein Vermögen. Stark hatte es beinahe als Letzte gemerkt. Sie ließ sich scheiden, doch nicht früh genug. 1925 stellten die Ringling Brothers Raubkatzennummern in ihrem Zirkus ein. Als Gründe nannten sie die Kosten, die Gefahr für den Dompteur und die Unterbrechung der Show, die das Herunterlassen des Gitterkäfigs jedes Mal verursachte. Und um der Ungerechtigkeit noch eine Beleidigung hinzuzufügen, kündigten die Ringling Brothers an, dass sie weiterhin eine Raubkatzennummer zeigen würden in ihren zwei Stadion-Shows jedes Jahr, die gegen Ende der Saison in Boston und New York stattfanden. Diese würden jedoch nicht von Stark vorgeführt, die inzwischen die berühmteste Dompteuse der Welt war, sondern von einem Newcomer namens Clyde Beatty, der leihweise vom Hagenbeck-Wallace-Zirkus kam. Stark fühlte sich zurückgestoßen und elend; am schlimmsten war, dass sie nicht wusste, ob die Entscheidung eine Art Bestrafung für ihre Verbindung mit Ewing war oder einfach eine Laune der Ringlings. Sie konnte nicht einmal anderswo Arbeit suchen, denn sie war immer noch durch einen Vertrag gebunden, der verlangte, dass sie sich »allgemein nützlich« machen müsse. Der Manager der Ringlings steckte sie in eine Reitnummer, was sie hasste. Ihre Frustration muss immens gewesen sein l – doch kurz nachdem sie zur Persona non grata geworden war, verliebte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben.
Art Rooney war vor Kurzem von den Ringlings als Leiter der Menagerie eingestellt worden, und alle beim Zirkus waren verblüfft, als er und Stark begannen, ihre Freizeit zusammen zu verbringen. Stark schrieb später in einem Brief an Chapin May: »Man sagte mir, dass er nie mit Frauen ging, dass er selbst eine Frau war.« Stark schrieb außerdem, dass Rooney sie und ihre Arbeit respektierte und bewunderte, und dass er der einzige Mann sei, den sie in ihrem Leben kennengelernt habe, der sich durch ihre Hingabe an die Tiger nicht bedroht fühlte – eine Hingabe, die ganz klar über das Ästhetische hinausging. Wegen Rooneys unklarer sexueller Ausrichtung und Starks Status als nun absteigender Star waren beide Außenseiter, sie klammerten sich aneinander. Bei der Hochzeit waren vor allem Zirkusarbeiter zugegen, diese austauschbaren, problembeladenen Männer, die sich bei den niederen Aufgaben abrackerten. Rooney starb wenig später – wie ist bis heute nicht geklärt, doch ich frage mich, ob nicht Starks Angst vor dem Glück etwas mit seinem Tod zu tun hatte, ein Gedanke, den ich so bezwingend fand, dass ich ihn zum zentralen Thema in meinem Roman, Das Geständnis der Mabel Stark, gemacht habe. »Nach seinem Tod,« schrieb Stark an Chapin May, »fand ich nirgends Vergnügen oder Glück, außer bei den Tigern.« 1926 wurde Stark von Ringling an den mittelgroßen John-Robinson-Zirkus weitergereicht, in dem sie an einem nassen Abend in Bangor, Maine, die schlimmsten Verletzungen ihres Lebens erlitt.
Der Zirkus war wegen des Regens verspätet angekommen, und als die Wagen einfuhren, hatten Starks Tiere den ganzen Tag auf nasser Einstreu verbracht. Wichtiger noch, sie hatte keine Zeit mehr, die Tiger vor der Vorführung zu füttern. Unter solchen Umständen würde eine Raubkatzennummer normalerweise abgesagt, doch Stark trat trotzdem auf, eine Entscheidung, die möglicherweise ein erster Selbstmordversuch sein könnte. Später sprach Stark oft von ihrer eigenwilligen Vorstellung, sie wolle sterben, indem sie von Tigern zerrissen würde.
Wie die Tiger sie anfallen, ist gut dokumentiert, und die Beschreibung in meinem Roman beruht ganz auf den Fakten: Es war ein Wunder, dass Stark überhaupt überlebte: Einmal hob Zoo sie auf und schüttelte sie triumphierend, so wie eine Katze eine Maus vorzeigt. Dadurch konnte sie ihre rechte Hand befreien, ihre Pistole aus dem Halfter ziehen und direkt ins Gesicht des Tigers feuern; der Lärm und die Hitze des Schießpulvers erschreckten ihn.
Stark verbrachte die nächsten zwei Jahre meist im Krankenhaus. Als sie sich schließlich wieder erholte, wurde sie an den Al G. Barnes-Zirkus weitergegeben, der im folgenden Jahr einging. Sie war bei einigen kleineren Zirkussen angestellt, bevor sie Arbeit als Trainerin fand in einem Freizeitpark in Thousand Oaks, California, namens JungleLand. Sie war ein weiteres Mal kurze Zeit verheiratet, wiederum mit dem Leiter einer Menagerie namens Eddie Trees, und sie arbeitete, bis sie über achtzig war. Wer sie aus dieser Zeit kannte, erzählte mir, dass sie Hamm’s Bier trank, ihre Lieblingssendung am Fernsehen Gilligans Insel war, dass sie jeden Mittag einen Hamburger aß und dass sie von Kopf bis Fuß voller Narben war. 1968 wurde JungleLand verkauft, und die neuen Besitzer waren alles andere als erfreut über Starks reizbaren Charakter. Sie wurde entlassen, und drei Monate später brachte sie sich um.
Mein Roman wurde in Kanada vor fast zwei Jahren veröffentlicht, und in der Verfilmung wird Kate Winslet Mabel Stark spielen. Ob ich so etwas wie ein schlechtes Gewissen habe wegen der Fiktionalisierung der Mabel Stark, einer Beschreibung, die vielleicht genauso viel mit mir zu tun hat wie mit ihr? Ein wenig schon, muss ich zugeben, doch komischerweise weniger wegen der Passagen, die ich gänzlich erfinden musste, um eine kontinuierliche Erzählung zu ermöglichen (die Art und Weise, wie Art gestorben ist, zum Bespiel), als wegen der Passagen, die nicht erfunden sind (Starks sexuell aufgeladene Nummer mit Rajah). Hauptsächlich jedoch fühle ich ihr gegenüber eine Mischung aus Bewunderung, Sympathie, und natürlich Dankbarkeit. Ich freue mich zudem darüber, dass sie, mit etwas Glück, wieder berühmt wird. (Ich weiß genau, dass ihr das gefallen würde.)
Laut dem Thousand Oaks News Chronicle, der über ihren Tod auf der Titelseite berichtete, brachte sich Stark mit einer Kombination aus einer Barbiturate-Überdosis und Ersticken um. Dies ist eine vage und ungeschickte Art, ihren Selbstmord zu beschreiben, und noch ein Jahr, nachdem ich den Roman abgeschlossen hatte, dachte ich darüber nach, was damit wohl gemeint war. Dann eines Tages ging mir ein Licht auf. Einer von Starks Lieblingsbesitztümern war ihr Buick Convertible. (Sie hatte Angst vor der Autobahn und fuhr den größten Wagen, den sie finden konnte.) Nachdem sie ihre Arbeit verloren hatte, war sie plötzlich konfrontiert mit Erinnerungen an ihre Karriere, ihre Ehemänner, ihren geliebten Art. Sie konnte diese Erinnerungen nicht ertragen, wachte eines Tages auf und schluckte die ganze Flasche mit Barbituraten, die ihr für ihre zunehmende Schlaflosigkeit verordnet worden waren. Als die Pillen zu wirken begannen, ging sie in die Garage – ich nehme an, dass sie zu diesem Zeitpunkt stolperte, obwohl sie so entschlossen wie immer war –, und setzte sich in ihren Wagen hinters Steuer.
Ungeschickt drehte sie den Zündschlüssel. Dann, wenn es denn so etwas wie Gnade gibt, schlief sie ein.
© Robert Hough, The Guardian, London, 5.4.2003