»Wenn die Schriftstellerin und Historikerin am 22. Oktober in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis entgegennimmt, dürfte das nicht nur Algerien und Afrika mit Stolz erfüllen. Vor allem Frauen, deren Interessen stets ein zentrales Anliegen von Assia Djebar war, werden die Preisvergabe wohl feiern.« Markus Elsner, Mannheimer Morgen, 20. Mai 2000
»Historisches Trauma und weibliches Leiden – dies ist eine Motivspur, die, in verschiedenen Figurenkonstellationen, auf verschiedenen Zeitebenen und in manchen perspektivischen Brechungen durch ihr gesamtes Werk führt.«
Hartmut Buchholz, Badische Zeitung, 20. Mai 2000
»Es ist eine glückliche Wahl. Assia Djebar, die in diesem Jahr den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhält, gehört zu den wichtigsten schreibenden Frauen Nordafrikas. Ihr international bereits viel geehrtes Werk liegt zum großen Teil in guten deutschen Übersetzungen vor.« Sabine Kebir, Berliner Zeitung, 20. Mai 2000
»Ihre oft historischen Romane ranken sich um echte Dokumentationen, die für die aktuellen Auseinandersetzungen in der islamischen Welt von hoher Brisanz sind. Niemals fehlt ihr dabei der Gestus der Betroffenheit – eine wahrscheinlich ausgesprochen weibliche schriftstellerische Haltung, die Djebar auch dann nicht verbirgt, wenn sie nur noch in Ratlosigkeit besteht.«
Sabine Kebir, Berliner Zeitung, 20. Mai 2000
»Sich bis heute der Sprache der Kolonie bedienend, vermittelt Djebar in ihren oft mosaikartig zusammengesetzten, fragmentarischen Romanen die Vielschichtigkeit der Gesellschaft, aus der sie stammt. Dabei bedient sie sich ebenso des reichen Fundus oraler Literatur der Araber und Berber ihres Landes wie des Wissens um westliche Geschichte und Philosophie.«
Reiner Wandler, Der Bund, 20. Mai 2000
»Das Bewusstsein für historische Zusammenhänge ist ein Charakteristikum ihrer Prosa: Assia Djebar erkundet wie eine Archäologin die Stellung der Frau in der islamischen Gesellschaft von ihren Anfängen bis heute.«
Stefan Weidner, Kölner Stadt-Anzeiger, 21. Mai 2000
»In immer neuen Anläufen arbeitet sie seither die Wandlungen und Windungen des Frauenbilds in der islamischen Gesellschaft von ihren Anfängen bis heute auf. Der Friedenspreis ist wie geschaffen für Assia Djebar.«
Stefan Weidner, Die Zeit
»Zu Recht erhält Assia Djebar in diesem Jahr den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Bemerkenswert daran: dass nach der Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel (1995) und dem türkischen Romancier Yasar Kemal (1997) nun zum dritten Mal innerhalb von fünf Jahren ein Werk gewürdigt wird, das die islamische Welt zum Gegenstand hat – während dies zuvor überhaupt nie der Fall war. Der heftig umstrittenen Preisträgerin Annemarie Schimmel hatte man noch böswillig unterstellt, sie sei eine verkappte Muslimin. Von solcherlei Geschmacklosigkeiten dürfte Assia Djebar verschont bleiben, gerade weil sie, anders als Annemarie Schimmel, tatsächlich eine Muslimin ist, freilich eine, die sich auf Zugeständnisse in Sachen Religion kaum einlässt. Und sollte die Jury des Friedenspreises von den Querelen 1995 einen Islam-Komplex zurückbehalten haben, so wird Assia Djebar ihn heilen.«
Stefan Weidner, Wiener Zeitung
»Wenn Assia Djebar am Sonntag, den 22. Oktober, gegen 10.30 Uhr auf die Frankfurter Paulskirche zuschreiten wird, dann stehen vielleicht einige Frauen und Männer vor dem Eingang, die auch vor genau fünf Jahren da standen. Damals riefen sie: 'Es ist eine Schande!' und 'Buh!' und 'Hier werden die Menschenrechte verschleiert!'. Diesmal jedoch haben sie allen Grund, das Gegenteil zu rufen: nämlich 'Bravo' und 'Hier werden die Menschenrechte entschleiert!'.«
EMMA
»Der magische Ozean des Vergessens droht auch Assia Djebars eigener Geschichte, die sie seit ihrem 20. Lebensjahr in Romane bannt – mit kraftvoller, hypnotischer Sprache, aber auch mit Prägnanz, und immer mit dem Blick auf die offenen Wunden des Landes, aus dem sie kommt: Algerien.»
Textart (Bergisch Gladbach)
»Assia Djebar schreitet nach eigener Aussage schreibend – grenzüberschrei(t/b)end – ihr Territorium ab, indem sie kunstvoll Fakten und Fiktionen verschränkt, Individual- und Sozialgeschichte, autobiographisches Fragment und historisches Dokument aufeinanderstoßen lässt. Aus dem Strom der Stimmen und Quellen, die sie zitiert und listig arrangiert, die einander wechselseitig befragen und erhellen, erwächst ein nuanciertes, vielschichtiges Tableau der komplexen kulturellen Identität Algeriens.«
Regina Keil-Sagawe, INAMO