Ursprünglich wollte ich Wissenschaftlerin werden, Biologin, um genau zu sein. In der Schule habe ich Biologie geliebt. Ich dachte, dass sei meine Berufung. Nach meinem Schulabschluss habe mich an der Uni eingeschrieben, am Institut für Zoologie. Mein Steckenpferd war Verhaltensbiologie, ich wollte meinen Doktor machen. Alles in mir hat danach gerufen, ich war mir meiner Sache todsicher.
Nach fünf oder sechs Wochen Biologiestudium habe ich festgestellt, dass ich hoffnungslos schlecht darin war. Ohne Aussicht darauf, jemals besser zu werden. Mein Hirn denkt einfach nicht wissenschaftlich, nur hatte ich das damals noch nicht verstanden.
Wissenschaftlich arbeiten heißt eben nicht, Texte über die Wissenschaft zu lesen oder sich von Entdeckungen und Entwicklungen mitreißen zu lassen, und es heißt auch nicht, mit offenem Mund inmitten eines Feldes zu stehen und die Schmetterlinge zu bewundern – was ich recht häufig tue. Es heißt, Fragen auf eine bestimmte Art und Weise zu stellen, sodass darauf basierend Hypothesen aufgestellt werden können, die im Idealfall bestätigt werden. Es bedeutet nicht, Fragen zu stellen, die man nicht beantworten kann. Da bewegen wir uns schon eher in der Metaphysik. Wie sich herausstellt, tue ich aber genau das – ich stelle Fragen, die nicht beantwortet werden können. Praktischerweise ist aber genau das die Aufgabe von Schriftstellerinnen und Schriftstellern.
Als Autorin von Belletristik muss ich keine Fragen beantworten, sondern sie so stellen, dass sie andere Leute faszinieren, sie aufwecken, sie grübeln lässt. Ich muss die Fragen so stellen, dass meine Leserinnen und Leser sich selbst auf die Suche nach der Antwort begeben.
Andrea Barrett am New York State Writers Institute, 2007