Eigentlich bin ich nicht gerade ein Krimifan. Ich habe gar nicht so viele gelesen, und skandinavische Krimis lese ich beispielsweise überhaupt nicht. Ich bin dafür großer Fan von Borges und Casares. Mein erster Roman wurde dann aber aus mir unerklärlichen Gründen ein Kriminalroman. Das ist einfach so passiert. Mit Krokodilstränen bin ich dann in diesem Genre geblieben.
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Wenn ich schreibe, geschieht das nicht an einem Stück. Ich schreibe nie chronologisch, von vorne nach hinten. Julio Cortázars Roman Rayuela hat mich dabei sicherlich beeinflusst. Am ehesten lässt sich meine Arbeitsweise mit einem Filmdreh vergleichen – ich schreibe einzelne Szenen und setze sie hinterher zusammen. Dabei können theoretisch endlos viele Romane entstehen, eine unendliche Geschichte. Beim Schreiben gehe ich durch ein Labyrinth – ich entscheide mich für eine Abzweigung und lasse gleichzeitig eine andere zurück. Schreiben heißt für mich entscheiden und verwerfen. Jeder meiner Romane enthält gleichzeitig all die Romane, die ich nicht geschrieben habe – und die wahrscheinlich viel besser sind. Deshalb lese ich meine Romane auch nie noch einmal. Ich würde mich beim Lesen ständig fragen, warum ich mich nicht für eine andere Abzweigung im Labyrinth entschieden habe.
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Für Krokodilstränen wollte ich keinen Standard-Erzähler, keine Erzählung in der dritten Person. Ich wollte einen Erzähler, der gleichzeitig eine Figur ist, ohne dabei wirklich eine zu sein. Er sollte präsent sein, ohne aber an der Geschichte teilzuhaben. Er ist zu einer Stimme mit einer gewissen Persönlichkeit geworden. Wir wissen nicht, wer er ist. Manchmal weiß er alles, manchmal nichts. Sozusagen ein halber Erzähler. Ich mag das Ergebnis und bin sehr versucht, diese Art des Erzählens fortzusetzen – andererseits finde ich es toll, wenn jedes Werk vom literarischen Standpunkt aus gesehen anders und neu ist.
Erschienen auf Plataforma Cultural Granizo am 30.06.2017. Das Interview führte Mauricio Rodríguez.